Thüringische Landeszeitung: Erkenntnisse reifen / Kommentar von Axel Zacharias zur aktuellen Situation in der Ukraine

Auch wenn Viktor Janukowitsch, der Präsident der
Ukraine, ein gewisses Maß an Einlenken signalisiert – die Gefahr
eines Bürgerkrieges ist in dem osteuropäischen Land damit nicht
gebannt. Der angekündigte Rücktritt von Regierungschef Nikolai Asarow
wird längst nicht ausreichen, die aufgebrachten Massen zu beruhigen.
Der Schritt wird als das durchschaut, was er ist: ein Bauernopfer.
Der um Deeskalation bemühte Oppositionsführer und Box-Weltmeister
Vitali Klitschko konnte punkten, ein Sieg ist es mitnichten, nicht
mal ein Rundengewinn.

Der Frust der Demonstranten, die Monate lang friedlich – und
vergeblich – demonstrierten, ist inzwischen groß. Er mündet bei einem
nicht unerheblichen Teil von ihnen nunmehr in Radikalisierung und
damit Gewalt. Dies mag der Sache nicht dienlich sein, gleichwohl ist
es Teil der neuen Realität von Kiew. Späte Aufrufe des bislang eher
ignorant auftretenden Janukowitsch zur Kompromissbereitschaft an die
Opposition wirken inzwischen wie Hohn. Es wird deutlich, dass weder
die pro-russische Regierungsseite noch die frustrierte Opposition ein
wirklich tragfähiges Programm für eine friedliche Lösung des
Problems haben.

Vermutlich wird nun auch den Herren im fernen Moskauer Kreml
deutlich, dass der Weg, mit Druck auf die Ukraine ganz offen die
Abkehr von der EU zu erzwingen, eine Sackgasse war. Und in Brüssel
dürfte die Erkenntnis reifen, dass man sich nicht nur mit Kiew,
sondern auch mit Moskau an einen Tisch setzen muss, um Auswege zu
finden. Nur eines ist klar: Ohne Gesichtsverlust wird keine Partei
mehr aus der vertrackten Situation herauskommen. Aber um weiteres
Blutvergießen zu verhindern, ist es bitter nötig.

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