Thüringische Landeszeitung: Festung Europa? / Zur Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer

Europa darf keine Festung sein und das Mittelmeer
darf nicht zum Totenmeer werden. Die erschütternden Bilder aus
Lampedusa müssen endlich Konsequenzen haben. Seien wir doch ehrlich:
Die EU-Flüchtlingspolitik ist an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten.
Beispiel Syrien: Millionen sind dort auf der Flucht, wir fordern den
Libanon, Jordanien und auch die Türkei auf, sich der Flüchtlinge
anzunehmen. Die Flüchtlingslager dort sind randvoll. Und wir nehmen
gerade mal 5000 in Deutschland auf. Thüringen will mehr aufnehmen,
Nachzug von Verwandten gestatten – und beißt sich derzeit auf
Bundesebene die Zähne aus. Das Elend und die Not der Welt schert die
reichen Europäer wenig, getreu dem Motto: Sollen doch die Italiener
oder Griechen mit den Menschen fertig werden, die da übers Mittelmeer
kommen. Ihr Pech, dass sie so eine ungünstige geografische Lage
haben. So kann, so darf es aber nicht bleiben. Was ist zu tun?
Humanitäre Hilfe für in Seenot geratene Flüchtlinge ist das eine,
eine Entkriminalisierung derjenigen, die da übers Meer kommen das
andere, Hilfe für die Staaten in Afrika das dritte. Notwendig ist
auch, dass die EU-Staaten endlich aufhören, die Zahlen der
Flüchtlinge, die sie aufnehmen, sich gegenseitig aufzurechnen. Von
einem Weckruf, wie viele sie von den Flüchtlingsdramen der jüngsten
Zeit erhofft hatten, ist wenig zu spüren. Wie viele Menschen müssen
noch auf den Seelenverkäufern, mit denen sie übers Mittelmeer
dümpeln, sterben, bevor die EU, die im vergangenen Jahr mit dem
Friedensnobelpreis ausgezeichnet, ihre humanitäre Verpflichtung
erkennt? Zu vermuten ist aber, dass man schon bald zur Tagesordnung
übergeht. Eine Schande für Europa.

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