Thüringische Landeszeitung: Gelenkter Alptraum – Keine Lebenskrise rechtfertigt Massenmord / Leitartikel von Jan Schumann zum Airbus-Absturz in den Alpen

Für die Angehörigen der Opfer von Flug 4U9525 ist
es die wohl grausamste Fortsetzung eines Alptraums, die man sich
vorstellen kann. Nicht wegen technischen Versagens oder menschlicher
Fehlbarkeit haben sie ihre Liebsten verloren, sondern offenbar durch
die bewusste Entscheidung eines Einzelnen.

Die Rekonstruktion der Ereignisse lässt bisher vermuten, dass der
Co-Pilot bewusst gehandelt hat. Fast zehn Minuten lang ignorierte der
Co-Pilot nicht nur den Funkkontakt und die Tritte seines mutwillig
ausgesperrten Kollegen, sondern auch die Schreie der Passagiere. Es
ist die wohl bitterste Antwort auf die quälende Frage nach dem Warum.
Kein Unglück durch höhere Mächte, sondern eine gelenkte Katastrophe.
Wenn sich das bestätigt, ist es kein Selbstmord, sondern Massenmord.

Die Entscheidung des Co-Piloten, dem eigenen Leben ein Ende zu
bereiten, könnte man akzeptieren. Über den Umgang mit dem eigenen
persönlichen Leid sollte jeder selbst bestimmen dürfen. Gleichzeitig
aber 150 Menschen mit in den Tod zu reißen, ist brutal egoistisch und
unmenschlich. Als seien die Familien der Opfer mit unendlicher Trauer
und Ungerechtigkeit nicht genug gestraft, verstärkt nun auch noch Wut
ihre Ohnmacht. Was auch immer den Co-Piloten zu diesem skrupellosen
Entschluss geführt hat, es rechtfertigt nicht ansatzweise diese
schlimme Tat.

Nach bisher veröffentlichten Informationen müssen sich die
Flugbehörden die Frage stellen, warum es Piloten nicht generell
möglich ist, von innen verschlossene Cockpit-Türen etwa durch einen
geheimen Ersatzmechanismus im Notfall von außen öffnen zu können.
Offenbar wurde hier nach den Anschlägen vom 11. September 2011 eine
Maßnahme getroffen, die Übergriffe durch Terroristen verhindern soll,
Gräueltaten durch das Flugpersonal selbst aber ausschließen. Ein
fataler Irrtum.

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