Thüringische Landeszeitung: Gräben vertieft / Kommentar von Matthias Benkenstein zur „Fuck the EU“-Affäre zwischen den USA und Brüssel

Auf das „Fuck“ folgte schnell das „Sorry“.
Spitzendiplomatin Nuland will es nicht so gemeint haben. Beleidigend
war ihre Äußerung über die EU aber trotzdem.

Brüssel macht es richtig und demonstriert Gelassenheit. Denn
verwundern können die deftigen Worte niemanden. Es ist kein
Geheimnis, dass Washington die EU für zögerlich hält, vor allem wenn
es um robuste Militäreinsätze geht. Nervig ist für die USA die
Vielstimmigkeit in außenpolitischen Fragen. Wer blickt bei dem
Geflecht aus drei Präsidenten (Rat, Kommission und Parlament) plus
EU-Außenbeauftragte schon durch?

Hinzu kommt: Es ist schwer vorstellbar, dass Vergleichbares in
Brüssel oder Berlin hinter verschlossenen Türen nicht passiert.

Dennoch könnte die Veröffentlichung des vertraulichen Gesprächs zu
einer Vertiefung der Kluft zwischen Europa und Amerika führen –
schließlich befinden sich die Akteure zurzeit nicht gerade in einer
politischen Kuschelphase.

Der Veröffentlichung verdächtigt werden nun Russland und die
Ukraine. Dass von der EU nichts zu halten sei, dass USA und EU die
Geschicke der Ukraine zu bestimmen versuchten, dass die ukrainische
Opposition nur eine Marionette des Westens ist – das sind
Botschaften, die Russland seit Wochen vor allem an die Ukrainer zu
senden versucht. Wer das „Fuck the EU“ durchgesteckt hat, ist nicht
endgültig geklärt, doch käme ein offener Streit zwischen Washington
und Brüssel Putin und Janukowitsch gerade recht.

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