Thüringische Landeszeitung: Instinkt und Moral

Wenn man den gegenseitigen Zuneigungsbekundungen
beiwohnen musste, wurde es vor lauter Herzelei schon unangenehm.
Ministerpräsidentin Lieberknecht lobte ihren scheidenden
Regierungssprecher, den „lieben Peter Zimmermann“, über den grünen
Klee, der revanchierte sich mit nicht weniger wohlgesetzten Worten.
Die Zusammenarbeit, betonten beide, sei eine Bereicherung gewesen.
Verständnisvoll gab Lieberknecht zu Protokoll, dass ihr
Chefkommunikator eine solche Karrierechance in der Privatwirtschaft
aber natürlich nicht ausschlagen konnte.

Hier, das wurde der Öffentlichkeit vermittelt, trennten sich zwei
Freunde – und zwar nur schweren Herzens. Genau aus diesem Grund war
es für Lieberknecht eine Selbstverständlichkeit, dass ihr
Staatssekretär nicht auf seine üppigen Versorgungsansprüche
verzichten sollte.

Und genau aus diesem Grund versetzte sie ihn in den einstweiligen
Ruhestand. Dumm nur, dass dies nicht von geltendem Recht gedeckt
wird. Denn dazu müsste das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört,
sprich zerrüttet sein.

Wenn jetzt der neue Regierungssprecher erklären muss, es
entspreche gängiger Praxis, Gründe für die Trennung „mit Rücksicht
auf die Interessen des versetzten Beamten nicht zu nennen“, legt das
nahe, die Chefin und ihr Sprecher hätten sich doch weit weniger lieb
gehabt, als sie medienwirksam vorgaukelten.

Aber gerade Lieberknecht wird für ihre Bodenständigkeit,
Ehrlichkeit und Authentizität geschätzt und nicht, weil man den
Eindruck hat, sie sei eine gute Schauspielerin.

Die Regierungschefin hat mit Blick auf die bündnisgrüne
Strafanzeige nun ein juristisches Problem. Aber in Wahrheit ist es
weit mehr als das. Lieberknecht hat ihren Instinkt verloren, was
moralisch geht, und was nicht. Ein goldener Handschlag für einen gut
verdienenden Manager ist falsch und zu Recht den Menschen nicht zu
vermitteln.

Wer so handelt, darf sich über Die-da-oben- und
Wir-da-unten-Diskussionen nicht beschweren. Die Christdemokratin
schürt dadurch nur die Politikverdrossenheit.

Von Elmar Otto

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