Thüringische Landeszeitung: Kein Machtkampf / Kommentar von Axel Zacharias zur Pressekonferenz Michail Chodorkowskis in Berlin und zu dessen Verhältnis zu Wladimir Putin

Es ist erstaunlich, wie schnell der begnadigte
russische Unternehmer Michail Chodorkowski sich nach seiner
Freilassung aus der Lagerhaft der internationalen Presse in Berlin
stellte. Auffallend ist vor allem das diplomatische Auftreten des
einst reichsten Mannes Russlands. Er will darauf verzichten, sich
einen Machtkampf mit Wladimir Putin zu liefern, dessen knallhartes
Vorgehen ihn schließlich zehn Jahre seines Lebens gekostet hat. Eine
Abrechnung sieht anders aus als das Auftreten des ehemaligen
Oligarchen – keine Spur von Rache und Hass. Nur um andere politische
Gefangene des Kremls wolle er sich kümmern, sagte er. Mitstreiter
von ihm sind schließlich weiterhin in Haft.

Trotz seines diplomatischen Auftretens: Chodorkowski ist kein
Politiker, der der geschwächten russischen Opposition neues Leben
einzuhauchen imstande wäre. In Russland wäre er bei Wahlen wohl
chancenlos. Denn es ist unvergessen, dass der einstige Ölmagnat auf
eher zweifelhafte Weise zu seinem Reichtum gekommen war. Sicherlich:
In den wilden Zeiten der postsowjetischen Ära unter Boris Jelzin
sind viele Leute auf dunklen Wegen zu sehr viel Geld gekommen. Einer
rechtsstaatlichen Überprüfung aber würde dies sicherlich nicht stand
halten. Als Volkstribun taugt Chodorkowski einfach nicht.

Das weiß der 50-Jährige offenbar ganz genau und nimmt sich deshalb
zurück. Letztlich wohl auch, weil dem teilenteigneten Ex-Häftling für
größere Aktionen inzwischen das nötige Geld fehlen dürfte.

Putin selbst hat entdeckt, dass es viel mehr bringt, einstige
Feinde ins Ausland ziehen zu lassen. Es ist die altbewährte Methode
der DDR, Druck aus dem Kessel zu nehmen. Nur so enden wie Honecker –
das möchte Putin ganz gewiss nicht.

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