Große Koalitionen sind für große Aufgaben da.
Sollte man meinen. Aber die Berliner Groko, die heute 100 Tage im Amt
ist, hat sich eher für das Klein-Klein entschieden. Und da, wo
Projekte angepackt werden, sind alle Experten hellauf entsetzt.
Beispielsweise bei der Rente: Milliarden werden für Nahles–
Rentenpaket ausgegeben, die Rentner freuen sich, die junge Generation
schüttelt sich. Zukunftsgestaltung sieht anders aus. Kein Wunder,
dass sich vor allem auch bei den jungen Bundestagsabgeordneten der
Union der Widerstand regt. Ebenso bei der Energiewende: Gabriels
EEG-Reform stößt auf Widerstand, die Bürger haben sowieso keine
Erwartungen mehr an die Energiewende, weil diese für sie untrennbar
mit höheren Strompreisen verbunden ist. Als nächstes kommt der
Mindestlohn, gegen den die Wirtschaft schon jetzt Sturm läuft und bei
dem die Union noch mit einer Vielzahl von Ausnahmeregelungen das
Schlimmste zu verhindern versucht. Groko – das ist im Augenblick eher
SPD-bestimmte Politik, während die CDU den Haushalt in Ordnung bringt
und Schäuble sich für seine schwarze Null im Haushalt feiern lässt.
Aber ansonsten lässt diese Große Koalition CDU-Handschrift jedenfalls
weitgehend vermissen. Sigmar Gabriel, Andrea Nahles und Frank-Walter
Steinmeier sind bisher diejenigen, die nach außen die Politik der
Koalition prägen. Allerdings – profitieren können die Genossen davon
auch nicht, ihre Umfragewerte bleiben im Keller. Die Kanzlerin
dagegen zeigt sich als die erfahrene Krisen-Managerin, der die
Menschen in der Krim-Krise vertrauen, auch wenn sie nur auf Sicht
fahren kann, weil niemand weiß, mit welchem Schachzug der Kreml als
nächstes aufwartet. Und die Edathy-Affäre ist angesichts dieser
weltpolitischen Herausforderung schon längst wieder in den
Hintergrund geraten. 100 Tage Groko – eine Leitidee hinter den vielen
Einzelprojekten ist nicht zu erkennen. Die ordnende Hand fehlt. Aber
genau das ist Merkels erfolgreicher Regierungsstil.
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