Der Wunsch Polens und der anderen osteuropäischen
Länder nach mehr Schutz durch die Nato ist verständlich – aber auch
gefährlich. Denn mit jeder Truppenverlegung, mit jeder zusätzlichen
Flugüberwachung dreht die Nato auch an der militärischen
Eskalationsschraube. Das Dilemma der Diplomaten: Der Westen darf
nicht mit dem gleichen kraftmeierischen Gehabe wie Russland in dieser
Krise agieren. Bisher hat man sich an die stillschweigenden
Vereinbarungen der 90er Jahre gehalten, keine Truppen anderer
Nato-Staaten nach Polen oder in die anderen osteuropäischen Länder zu
verlegen. Das muss vorerst auch so bleiben. Nicht aus Angst vor
Russland, sondern weil diplomatische Lösungen Vorrang vor
überdeutlichem Säbelrasseln haben sollten. Die Diplomatie reagiert
hilflos auf die Krimkrise. Das wurde auch beim Treffen in Weimar
deutlich: Niemand vermag derzeit zu sagen, ob Putins Masterplan mit
der Annexion der Krim beendet ist, ob er weitere machtpolitische
Gelüste hat, ob die Truppenkonzentrationen an der ukrainischen Grenze
nur Drohkulisse oder mehr sind. Die Spirale der Eskalation, vor der
Frank-Walter Steinmeier in Weimar so eindringlich warnte, darf nicht
in Gang gesetzt werden. Das liegt auch im Interesse der
osteuropäischen Länder, die sich von Russland derzeit mehr als je
zuvor bedroht fühlen. Die Nato muss einen Balanceakt vollbringen: Es
darf keinen Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bündnisses für den
Schutz seiner Mitglieder geben, andererseits muss die militärische
Eskalation in Grenzen gehalten werden. Die Westeuropäer dürfen sich
von der wachsenden Nervösität der Osteuropäer nicht anstecken lassen.
Nur ein kühler Kopf hilft in dieser Krise wirklich weiter.
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