Thüringische Landeszeitung: Kommentar: Ein Bundespräsident muss das diplomatische Florett auch mal zur Seite legen dürfen

Spinner, Ideologen, Fanatiker – das sind nicht die
üblichen Worte, die ein Bundespräsident benutzt. Aber ein
Staatsoberhaupt, das auch einmal Klartext spricht, wenn es um die
rechtsradikale NPD geht, ist mir lieber als jemand, der um jedes
Thema einen ideologischen Eiertanz aufführt.

Ja, Joachim Gauck hat klare Worte gefunden, als es um die
Rechtsextremisten in Deutschland ging. Die mögen auch nicht unbedingt
präsidial gewesen sein. Aber das macht ihn sympathisch. Es wäre
schlimm gewesen, wenn diesem Bundespräsidenten jetzt ein
höchstrichterlicher Maulkorb umgebunden worden wäre. Und das noch auf
Antrag einer Partei, die offenbar derzeit eine juristische Offensive
startet, um ins Gespräch zu kommen und das Terrain, das sie politisch
verliert, sich vor Gericht zurückzuerobern. Sie nutzt alle ihr
zustehenden Möglichkeiten des Rechtsstaates, den sie ansonsten
zutiefst verabscheut.

Der Bundespräsident hat nur eine scharfe Waffe – die des Wortes.
Manche Präsidenten wissen sie sehr gut einzusetzen, manche weniger
gut. Gauck zählt sicher zur ersten Kategorie. Und dass er nicht immer
präsidiale Zurückhaltung übt, erschüttert nicht sein Ansehen, sondern
erhöht es. Gauck ist eben nicht die abgehobene und immer distinguiert
wirkende Queen, er ist ein Bürgerpräsident – und das will er auch
sein. Und als solcher muss er das diplomatische Florett auch schon
mal zur Seite legen dürfen. Gauck hat in Sachen NPD aus seiner
Überzeugung keinen Hehl gemacht.

Und er hat all jenen aus dem Herzen gesprochen, die, wie viele
auch in Thüringen, gegen die Gefahr von Rechtsaußen auf die Straße
gehen. Vielleicht ermuntert ihn ja der sich abzeichnende
Richterspruch, öfter mal Klartext zu reden.

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