Thüringische Landeszeitung: Kommentar: Gaucks falscher Trip

Russland ist eine gelenkte Demokratie, also keine
Demokratie. Und Russlands Herrscher Putin findet das gut so.
Westliche Demokratien sind für ihn keine erstrebenswerten politischen
Vorbilder. Das sollte, das muss man heftig kritisieren, wenn man die
Freiheit verteidigen will. Die Gründe liegen auf der Hand:
Wahlfälschungen, Gerichtsurteile auf Kreml-Bestellung,
Zusammenprügeln von Oppositionellen, Drangsalierung von Homosexuellen
und vieles mehr, was Putin, den selbsterklärten Macho mit
Allmachtsfantasien und seine willigen Helfer so umtreibt.

Aber Bundespräsident Joachim Gauck ist auf dem falschen Trip, wenn
er als Protest gegen Putin nun nicht nach Sotschi reisen will. Damit
lässt er die deutschen Sportler in schlechtem Licht dastehen, die
jahrelang für Sotschi trainiert haben, und nun an Spielen mit
offiziell schlechtem Beigeschmack teilnehmen. Die Olympia-Boykotte
von Moskau 1980 und Los Angeles 1984 waren vornehmlich eins: sinnlos.

Wenn Gauck aus Protest nicht nach Russland reisen will, dann muss
er ziemlich viele Länder, in denen Menschenrechte mit Füßen getreten
werden, als mögliche Reiseziele ausschließen. Ob das im Interesse der
deutschen Außenpolitik und der betroffenen Menschen ist, darf
bezweifelt werden. Gauck hätte nach Sotschi reisen und dort kräftig
gegen Menschenrechtsverletzungen vom Leder ziehen sollen, anstatt vom
Schloss Bellevue aus Noten zu verteilen.

Von Bernd Hilder

Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de

Weitere Informationen unter:
http://