Thüringische Landeszeitung: Kommentar: Linke muss Richtungsentscheidung treffen

Mal wieder einer dieser Formelkompromisse. Weder
Fisch noch Fleisch. Aber eben gut für den innerparteilichen Frieden:
Die Linkspartei gibt sich in Sachen EU an diesem Wochenende wieder
ein bisschen handzahmer. Die EU ist jetzt nicht mehr eine
„neoliberale, militaristische und weitgehend undemokratische Macht“.
So jedenfalls hatte es bisher in der Präambel zum Europawahlprogramm
gestanden. Jetzt säuseln die Linken etwas von einem Politikwechsel,
den man erreichen will.

Der Realo-Flügel um Gysi, Ramelow und Co. hat sich mal wieder
durchgesetzt. Aber zu welchem Preis? Wochenlange
Auseinandersetzungen, harte innerparteiliche Gefechte. Die Extremen
um Sarah Wagenknecht gegen die Gemäßigten. Das alte Spiel – jedes Mal
neu.

Unterm Strich bleibt: Die Linke ist eben noch nicht da, wo Gysi
und Ramelow sie hinführen wollen – zu einer auch außenpolitisch
verlässlichen Partei, wie sie sich beispielsweise die SPD vorstellt.
Die Europa-Eskapaden können Gabriel und Genossen eigentlich nur eins
zeigen: Auf Bundesebene kann noch gar nichts laufen. Denn wer weiß,
wer morgen das Sagen hat. Die Nato wollen die Linken ja immer noch
gänzlich abschaffen.

Der Richtungskampf geht weiter. Während Ramelow deutlich
vernehmbar mit den Tatzen eines Stubenkaters scharrt (ein Begriff,
den ihm SPD-Spitzenfrau Taubert angeheftet hatte), um als erster
linker Ministerpräsident in eine Staatskanzlei einzuziehen, möchten
Wagenknecht und Co. weiter reine Opposition spielen. Solange die
Linkspartei diese Richtungsentscheidung nicht getroffen hat, solange
sie, wie beim Thema Europa, immer wieder in alte Verhaltensmuster
zurückfällt, bleibt sie für die Wähler unberechenbar.

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