Cui bono – wem nutzt es? Das ist die Frage, die
sich angesichts eines Ländervergleichs, wie ihn die
Bertelsmann-Stiftung jetzt wieder vorgelegt hat, aufdrängt. Wem nutzt
die Feststellung, dass die Thüringer angeblich kaum zusammenhalten?
Wem die These, dass ihr Vertrauen in ihre Mitmenschen geringer als im
Westen ausgeprägt sein soll? Und muss man dem Osten dauernd
vorhalten, dass er auf jedwedem Gebiet unzulänglich ist?
Klar ist doch wohl: Die Menschen im Osten haben sich quasi über
Nacht auf ein völlig neues Gesellschaftssystem einstellen und dabei
viel Lehrgeld bezahlen müssen. Es war beileibe nicht so, dass ihnen
alle Schwestern und Brüder aus dem Westen auf dem Weg ins vereinte
Deutschland selbstlos die Hand reichten. Das hat Misstrauen gesät –
genauso wie bei vielen die Erkenntnis, in der DDR im eigenen Umfeld
bespitzelt worden zu sein.
Zudem fällt es bedeutend leichter, offen und tolerant zu sein,
wenn man ein gerechtes Stück am Wohlstandskuchen abbekommt. Und da
sind wir beim Kern der Sache: Der Osten ist nach wie vor ärmer als
der Westen. Wenn die Politik also will, dass das innere Gefüge der
Gesellschaft auch im Osten gestärkt wird, dann sollte sie eine solche
Studie nicht vor sich hertragen wie einen Schild, sondern sie zum
Anlass nehmen, endlich für gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West
zu sorgen.
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