Thüringische Landeszeitung: Kommentar zur Hinrichtung von Jang Song Taek in Nordkorea

Um Jang Song Taek muss man vermutlich nicht allzu
viel trauern, nicht zuletzt deshalb, weil auch er als einer der ganz
Mächtigen in Nordkorea alles andere als eine weiße Weste hatte. Aber
wie sein junger Neffe Kim Jong Un mit ihm umgesprungen ist, das ist
schon außergewöhnlich. Den eigenen Onkel innerhalb nur weniger
Stunden abzusetzen und dann hinzurichten, das ist im Arsenal der
Diktatoren keine ganz kleine Nummer.

Der 30- oder 29-Jährige – man weiß es nicht so genau – war in der
Schweiz zur Schule gegangen. Dort kann ihm solch unmenschliches
Vorgehen nicht beigebracht worden sein. Die ganze Angelegenheit
erinnert eher an die schlimmsten Zeiten des Generalissimus Stalin in
der einstigen UdSSR.

Nordkorea steht vor dem Ruin, moralisch sowieso, vor allem aber
finanziell. Das Land mit den unzähligen Umerziehungs-Gulags ist
bettelarm, leistet sich aber einen unmäßig aufgeblähten Militär- und
Sicherheitsapparat. Den Menschen fehlt es an nahezu allem, man hängt
in jeder Hinsicht am Tropf des großen Bruders China.

Jang Song Taek galt als treuer Verfechter einer noch stärkeren
Annäherung an die Volksrepublik im Norden. Peking hält sich noch
zurück, aber dass sich jetzt Missfallen über den jungen Diktator
Nordkoreas breit macht, dürfte sicher sein. Insofern ist völlig
unklar, welchen Kurs Kim Jong Un jetzt fährt. Denn die einzig
verbliebene Schutzmacht vor den Kopf zu stoßen, kann nur aus irgend
einer Not geboren sein. Nordkorea braucht China schließlich zum
Überleben, China Nordkorea aber keinesfalls.

Der Süden des Landes führt unterdessen vor, dass Koreaner auch in
Demokratie und Wohlstand leben können. Wohin strebt der Onkel-Mörder
mit seiner Macht?

Von Axel Zacharias

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