Thüringische Landeszeitung: Kommentar zur Trauerfeier für Nelson Mandela

Trauerfeier? Bei uns sähe ein Staatsakt für einen
verblichenen Politiker von Mandelas Format dann doch ganz anders aus.
Das muss sich auch nicht ändern. Seinem Beispiel können wir dennoch
folgen.

Bei der geradezu fröhlichen Feier passierte das Beste zum Schluss
– und es war ein ebenfalls ganz Großer, dem dieser Moment zu
verdanken ist: Bischof Tutu erklärte, dass er den Segen nur sprechen
werde, wenn im Stadion Ruhe einkehre. Und sein Ruf „Seid
diszipliniert“ verhallte nicht ungehört. Tutus Worte waren eine
Verpflichtung: „Wir versprechen Gott, dass wir dem Beispiel Nelson
Mandelas folgen“. Darauf rief die Menge lauthals: „Ja!“

Aber was ist dieses Versprechen wert? Das wird sich erst noch
zeigen müssen. In Südafrika, aber auch im Rest der Welt. Denn von
Mandela, wie wir ihn über lange Zeit erlebt haben, ging immer eine
Friedensbotschaft aus. Und das ist nicht die Regel, sondern die
Ausnahme. Seine größte Leistung war, nicht zum Krieger, zum
Angreifer, zum Terroristen zu werden in jenen Zeiten der Apartheid.
Nicht Rache war sein Gebot, sondern Versöhnung.

Der gute Mann von Südafrika ist für die meisten hierzulande ganz
weit weg. Deshalb lässt er sich auch so gut auf einen Sockel stellen.
Den meisten Menschen klingt seine Lebensbotschaft wie eine Nachricht
aus einer anderen Welt. Wer geht schon einem Streit aus dem Weg? Wer
setzt nicht mit allen Mitteln sein Recht durch? Sieger sind meist
unerbittlich.

Wer Mandela zur Ausnahmepersönlichkeit erklärt, der macht es uns
allen leicht: So wie er kann kein Zweiter sein, heißt es. Das stimmt.
Aber ein bisschen Mandela kann jeder in sich entdecken. Und das nicht
nur zur Weihnachtszeit.

Von Gerlinde Sommer

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