Mit ihrer dritten Wahl zur Kanzlerin hat Angela
Merkel den Zenit ihrer Macht erreicht. Die Frage ist, wie lange sie
sich dort halten kann angesichts eines mindestens ebenso
machthungrigen Vize-Kanzlers. Sigmar Gabriel ist der stärkste
SPD-Vorsitzende seit Willy Brandt. Was ihm zum Einzug in die dicken
Kapitel der Geschichtsbücher noch fehlt, ist die Kanzlerschaft. Das
ist der eigentliche Sprengstoff dieser Großen Koalition der
vereinigten Verteilungs- und Umverteilungspolitiker. Merkel ist jetzt
länger im Amt als Kiesinger, Erhard oder Schröder. Und sie wird es
aller Voraussicht nach auch länger als Helmut Schmidt sein. Doch ob
sie zu den herausragenden Kanzlern wie Adenauer, Brandt oder Kohl
gehören wird, darüber ist das Urteil der Geschichte noch längst nicht
gefallen. Bisher macht sie als ausgebuffte Verwalterin der Macht und
Krisenmanagerin von sich reden, nicht aber als mutige Reformerin.
Außenpolitisch hat sie überwiegend Kurs gehalten und Europa in der
Euro-Krise vorerst vor einer Katastrophe bewahrt. Es wird ihr
schwerer als bisher fallen, mit der mitregierenden SPD im Nacken
diesen Kurs beizubehalten. Frankreich und Italien freuen sich schon
auf ein Aufweichen der sowieso halbherzigen Stabilitätsbemühungen.
Innenpolitisch hat sie sich mehr von Umfragen als von Überzeugungen
leiten lassen. Ihre eigene Partei, die CDU, hat sie bewusst ins
sozialdemokratische Lager geführt, um parteipolitischen Gegnern und
vielen Medien Angriffsflächen zu nehmen. Noch nie vor Angela Merkel
war ein Kanzler so unumstritten und so wenig angefeindet. Das kann
man als perfekte Inszenierung und Erhaltung der Macht feiern, ein
Geschichte schreibendes Konzept ersetzt es aber nicht.
Von Bernd Hilder
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