Es ist noch gar nicht so lange her, da hat man in
Europa vom „Patienten Deutschland“ gesprochen. Heute steckt
offensichtlich Frankreich in einer schweren Krise – nicht nur in
einer wirtschaftlichen. Ein politisches Erdbeben folgt bei unserem
Nachbarn auf das nächste. Nach dem enormen Erfolg des rechtsextremen
und EU-feindlichen Front National bei der Europawahl wird die größte
Oppositionspartei des Landes von Enthüllungen über illegale
Finanzpraktiken erschüttert. Die komplette Spitze der UMP ist
zurückgetreten.
Nicht absehbar sind die Folgen für die konservative Partei. Klar
ist aber: Das Drama bei der UMP bedeutet noch einmal Wasser auf die
Mühlen des extremen Front National, der sich gegen das „System der
etablierten Parteien“ positioniert hat. Deren Chefin Marine Le Pen
hatte bereits angriffslustig auf die Affäre um die
Wahlkampffinanzierung 2012 reagiert. Jetzt hat das Bild der
etablierten Parteien neuen Schaden genommen, ein neuer Tiefpunkt ist
erreicht.
Der Erfolg des Front National hat viele Gründe. Die Franzosen
sehen keine Perspektive, keine Zukunft mehr in Frankreich, Angst und
Verzweiflung nehmen zu. Ein Hauptgrund ist aber, dass Marine Le Pen
die Partei klüger führt als ihr Vater. Während die Bürger dem Front
National ihre Stimme zunächst aus Protest gaben, mit den Inhalten
aber nicht einverstanden waren, ist es heute leider so, dass viele
sehr wohl mit den Ideen einverstanden sind.
Alle Augen richteten sich nun auf Präsident Hollande. Doch statt
eine Kurskorrektur anzukündigen, sind ihm während seiner
fünfminütigen Fernsehansprache nicht viel mehr als Durchhalteparolen
eingefallen. Auf diesem Weg lässt sich das Problem einer möglichen
Präsidentin Le Pen nicht lösen.
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