Thüringische Landeszeitung: Mehdorns Abflug – Der Rücktritt des BER-Chefs war zu erwarten / Leitartikel von Sibylle Göbel zur Demission von Hartmut Mehdorn als Chef des Projektes Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg

Keine Frage: Der Rückzug von Hartmut Mehdorn, der
für etwa zwanzig Monate den Chefposten am neuen Hauptstadtflughafen
inne hatte, ist nur ein weiteres Glied in einer schier endlosen
Pannenserie bei diesem verkorksten Projekt. Und dennoch kommt sein
Schritt nicht überraschend, was nicht allein an den Querelen mit dem
Aufsichtsrat liegen dürfte.

Mehdorn mag zwar einer sein, der nicht so schnell hinwirft, als
Krisenmanager aber hat er sich bisher durchaus nicht immer bewährt,
auch wenn das gern behauptet wird. Unvergessen ist, wie Mehdorn in
seiner Zeit als Bahnchef nach der ICE-Katastrophe bei Eschede
agierte. Nicht vergessen ist, dass er angesichts von 101 Toten die
Sensibilität einer Abrissbirne an den Tag legte, mit dem Unglück in
einer für die Opfer demütigenden Art und Weise umging und den
Verletzten und Hinterbliebenen eine Entschuldigung verweigerte. Es
sollte 15 Jahre dauern, bis sich sein Nachfolger zu dieser Geste
durchrang und damit ein für die Bahn unrühmliches Kapitel schloss,
das auf alle Zeit mit dem Namen Mehdorn verbunden bleiben wird.

Und nun zeigt sich ausgerechnet ein solch harter Hund angefasst
und extrem dünnhäutig und kommt der Überprüfung seiner Arbeit durch
externe Fachleute mit seinem angekündigten Rückzug zuvor. Womöglich
war das auch das Ziel der Übung, womöglich wollte die
brandenburgische Landesregierung den einstigen Hoffnungsträger so
schnell wie möglich wieder loswerden.

Topmanager wachsen zwar nicht auf Bäumen, aber es gibt durchaus
einige, die für den Chef-Posten in Frage kämen. Natürlich ist
fraglich, ob beispielsweise die erfolgreichen Flughafenmanager von
Köln/Bonn oder München nach Berlin wechseln würden, wo der
Fertigstellung des Airports neben der Technik auch eine überforderte
Flughafengesellschaft im Wege steht.

Genau das hat Hartmut Mehdorn gewusst. Und sich für den früheren
Abflug entschieden.

Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de