Thüringische Landeszeitung: Mehr als „Grüßaugust“ / Kommentar von Matthias Benkenstein zum Karlsruher Urteil in Sachen NPD gegen Bundespräsident Gauck

Nazis dürfen „Spinner“ genannt werden. Das ist
eigentlich selbstverständlich, schließlich herrscht in Deutschland
Meinungsfreiheit. Doch darf das auch der Bundespräsident sagen? „Ja“,
urteilt das Bundesverfassungsgericht und hat damit die einzig
richtige Antwort gegeben – wenngleich die weiter gefährliche NPD nun
nicht verharmlost werden sollte.

Der Richterspruch ist wichtig für alle zukünftigen
Bundespräsidenten. Schließlich sind deren Machtbefugnisse begrenzt,
der Präsident wirkt vor allem durch seine Worte integrierend,
moderierend und motivierend auf die Gesellschaft ein. Wenn er in
seinen Worten beschnitten wird, bleiben nur politisch korrekte
Plattitüden, mit denen niemand geholfen ist. Es ist gut, dass Gauck
von der Macht des Wortes so rege Gebrauch macht – und damit auch mal
aneckt. Das hebt ihn vom Klischee des oft belächelten „Grüßaugusts“
ab.

Wichtig ist das Urteil auch für alle anderen Bürger. Denn
spätestens jetzt kann jeder Demokrat die rassistischen Spinner
öffentlich in ihre Schranken weisen und sich dabei auf das Urteil der
Verfassungsrichter berufen. So gesehen kann man der NPD fast dankbar
sein, dass sie nach Karlsruhe gezogen ist.

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