Thüringische Landeszeitung: Mehr Gelassenheit / Kommentar von Axel Zacharias zu den Ergebnissen des jüngsten Pisa-Tests

Pisa hatte es den Deutschen im Jahre 2000
bescheinigt: Die deutsche Bildungslandschaft war einst so schief wie
der Turm der gleichnamigen italienischen Stadt. Jetzt ist alles
besser – vermeintlich. Denn Pisa fragt Kompetenzen nur auf drei
Gebieten ab, den Naturwissenschaften, der Mathematik und bei den
muttersprachlichen Leseleistungen. Die Krux dabei ist, dass
Schulunterricht wesentlich mehr umfasst als jene drei Gebiete. Was
ist mit den musischen Fächern, was mit Sport, Sprachen,
Gesellschafts- und Sozialkunde? Auch das gehört zur Bildung. Den
Anspruch einer umfassenden Bildungsstudie kann Pisa damit wohl kaum
aufrecht erhalten.

Zudem zeigt sich bei solcherart Großtests eine gehörige Portion
Zahlenfetischismus. Finnland zum Beispiel ist zurückgefallen. Glaubt
deshalb aber auch nur ein Beobachter, dass dort im Norden der
Schulunterricht plötzlich schlechter geworden ist? Zumal der
Unterricht in den Pisa-Siegerländern aus Asien geprägt ist von einer
völlig anderen Kultur des Lehrens und Lernens. Drill, Druck und
Frontalunterricht bestimmen den Alltag der Schüler – hierzulande
längst überwundene Formen des Lehrens und Lernens. Da stellt sich
natürlich die Frage, wie sinnvoll es überhaupt ist, Leistungen von
Schülern aus völlig unterschiedlichen Gesellschaftsformen und
Bildungssystemen zu vergleichen. Die bisherige Ranking-Hörigkeit darf
durchaus hinterfragt werden!

Schüler sind es gewohnt, ständig bewertet zu werden. Sie
betrachten solche Tests wie Pisa vermutlich schon immer etwas
gelassener als dies Bildungspolitiker und Experten tun – eine
Haltung, die diesen nunmehr angesichts der deutlich verbesserten
Ergebnisse auch anzuraten ist.

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