Thüringische Landeszeitung: Menschlicher Faktor – Für Terror-Ermittlungen sind Hinweise nötig / Leitartikel von Florian Girwert zum vereitelten islamistischen Terroranschlag

Der Fahndungserfolg der Behörden in der
islamistischen Szene Hessens zeigt, dass am Ende doch häufig Menschen
den entscheidenden Hinweis geben. In den kommenden Tagen werden wir
zweifellos mehr als einmal aus sicherheitspolitischen Kreisen hören,
dass die Polizei eigentlich die Vorratsdatenspeicherung bräuchte, um
wirksam die Bedrohung durch Terrorismus einzudämmen.

Wirkliche Sachargumente dafür fehlen allerdings. Stattdessen räumt
die Polizei selbst ein, dass sie den entscheidenden Tipp von einer
Mitarbeiterin im Baumarkt erhalten hat – dort besorgte sich das nun
festgenommene Ehepaar große Mengen jener Komponenten, mit denen sich
Sprengstoff herstellen lässt. Zu dieser erfolgreichen
Ermittlungsarbeit kann man nur gratulieren. Es sollte uns zu denken
geben, dass der menschliche Faktor doch häufig immer noch eine
wichtige Rolle spielt – das perfekte Verbrechen ist eher
unwahrscheinlich. Wichtig ist in erster Linie, dass die Polizei über
genügend Personal verfügt, im Zweifelsfall verdächtige Personen –
auch technisch – zu überwachen und einzuschreiten.

Der Thüringer Weg – selbst wenn er sich eher auf politischen als
islamistischen Extremismus bezieht – ist da vielleicht nicht die
beste Idee. V-Leute, die Informationen liefern, sollten als Mittel
nicht aufgegeben werden. Dass man in Thüringen in der Vergangenheit
offenbar mit der Gießkanne das Geld in der rechtsextremen Szene
verteilt hat, sollte das Instrument nicht für alle Zeiten unmöglich
machen – der menschliche Faktor wird bei Ermittlungen nicht zu
ersetzen sein.

Methoden, die wahllos die Kommunikation aller Bürger abgreifen,
sind hingegen auch ein Mittel, um fehlendes Personal zu kompensieren.
Davon sollte der Sicherheitsapparat des Staates also tunlichst
Abstand nehmen, wenn andere Wege zum Ziel führen.

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