Neue Koalitions-Regierungen stürzen sich in aller
Regel in ambitionierte Pläne, die dann im Laufe der Jahre auf das
realistisch Umsetzbare abgeschliffen werden. Proportional zur Dauer
der Regierungsmühsal wächst meistens die Bereitschaft zum Streit. Das
wäre fast schon normal. Bei Merkels zweiter Großer Koalition ist das
anders. Anstatt Großes in Angriff zu nehmen, stürzt sich das
schwarz-rote Kabinett runde drei Wochen nach der Vereidigung in
kleinliche Zankereien über den politischen Kurs.
Dabei ist bemerkenswert, dass die Streitlinien oft mitten durch
die politischen Lager verlaufen. So regen sich manche in der CDU fast
schon genauso wie die SPD-Genossen über die Anmerkungen der CSU zur
Armutseinwanderung auf. In Sachen Maut verhält es sich genauso. Und
die Aufregung über das seltsame Bremsmanöver des politisch
untergewichtigen SPD-Justizministers Heiko Maas in Sachen
Vorratsdatenspeicherung ist zwar in den Unionsparteien besonders
groß, in erster Linie belegt der Alleingang ohne Kabinettsabstimmung
und gegen den Koalitionsvertrag vor allem die innere Zerstrittenheit
der Sozialdemokraten.
So hinterlässt die Berliner Streithähne-Regierung schon nach ein
paar Wochen den Eindruck der Orientierungs- und Konzeptlosigkeit. Das
sind nicht nur Startprobleme einer Regierungsmannschaft, die sich
erst noch finden muss.
Dass Kanzlerin Merkel nach ihrem Skiunfall überwiegend von Zuhause
aus arbeiten muss, macht die Angelegenheit noch schwieriger. Aber
lange kann sie die Dinge nicht treiben lassen, wenn das
Regierungsklima nicht unerträglich frostig werden soll. Dabei ist
wegen der Kraftmeierei der sozialdemokratischen Minister weniger
Merkels Führungsstärke gefragt als ihre Moderationskunst.
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