Thüringische Landeszeitung: Mordsgeschrei in Berlin / (Kommentar zur Spähaffäre)

Ist in den Monaten vor der Bundestagswahl überhaupt
noch seriöse Parlamentsarbeit möglich? Früher war das so. Heute –
unter den Bedingungen der Mediendemokratie und der lauten, aber oft
ungeprüften Schlagzeilen der Berliner Republik – offensichtlich nicht
mehr. Das Mordsgeschrei, das derzeit täglich aus der Bundeshauptstadt
dröhnt, ist keine Werbekampagne für den Parlamentarismus. Sachliche
Aufklärungsdienste haben die Volksvertreter dem Wahlvolk schon seit
längerem nicht mehr geliefert. Schon die Lehre aus dem
Drohnen-Spektakel-Ausschuss war eindeutig: In sicherem Abstand vor
der Wahl bitte keine Untersuchungsausschüsse mehr!

Und jetzt ist auch noch das für die Sicherheit der Bürger wichtige
Parlamentarische Kontrollgremium zur Überwachung der Geheimdienste
zum Kasperltheater degradiert.

Während sich Linke und Grüne relativ zurückhalten, ist die SPD
maßgeblich für diese Entwicklung verantwortlich. Sie sucht
verzweifelt nach einem Wahlkampfhit und hat dabei die
sicherheitspolitisch brisante NSA-Ausspähaffäre entdeckt. Doch der
Schuss ist nach hinten losgegangen. Nachdem professionelle
Vorwurfschleudern wie Sigmar Gabriel und Thomas Oppermann mit
dramatisch überzogenen und oft unbewiesenen Schuldzuweisungen auf das
Kanzleramt eindroschen, steht nun plötzlich ausgerechnet der
Sozialdemokrat jammernd im Zentrum der Schlammschlacht, der die
beiden anderen meistens zur Zurückhaltung mahnt: Frank-Walter
Steinmeier. Steinmeiers frühere Rolle als Kanzleramtsminister
offenbart die Verlogenheit mancher Attacke auf die Regierung. Und so
findet sich Steinmeier unversehens und zeternd vor den verschlossenen
Türen des Kontrollgremiums. Und Schwarz-Gelb macht sich einen Spaß
daraus, ihn nicht reinzulassen. Was für eine Selbstentwürdigung eines
ehemaligen Vize-Kanzlers.

Von Bernd Hilder

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