Thüringische Landeszeitung: Mündige Eltern / Kommentar zum Betreuungsgeld

Wie heißt es doch immer: Was nichts kostet, ist
nichts wert. Warum das ausgerechnet auch auf die Betreuung von
Kleinkindern zutreffen soll, bleibt ein Rätsel. Gewiss: Tagesmütter
und Erzieherinnen und Erzieher in Kitas werden für ihre Arbeit
entlohnt – womöglich nicht in dem Maße, wie es ihrer Verantwortung
und Belastung entspricht. Doch erst durch das stets und ständig als
„Herdprämie“ verteufelte Betreuungsgeld, das es seit dem 1. August
bundesweit für Eltern gibt, die für ihr Kind im zweiten und dritten
Lebensjahr keinen öffentlich geförderten Betreuungsplatz
beanspruchen, erfährt endlich auch die Erziehungsleistung dieser
Eltern eine gewisse Wertschätzung. Für kaum eine Mutter und kaum
einen Vater werden 100 oder 150 Euro im Monat das ausschlaggebende
Argument für eine längere Job-Pause sein, der Betrag stellt
allenfalls eine geringfügige finanzielle Entlastung dar. Die meisten
möchten einfach länger bei ihrem Kind bleiben und ein wenig den
Zeitpunkt hinausschieben, da sich berufstätige Eltern oft genug wie
im Hamsterrad fühlen und auch die Kleinen möglichst funktionieren
müssen. Es nervt auch die gebetsmühlenartig vorgebrachte pauschale
Aburteilung von Hartz-IV-Familien, die sämtlich angeblich nichts
Besseres zu tun haben, als ihre Kinder – statt sie in die Krippe zu
geben – tagsüber vor dem neuen Großbildfernseher zu parken, den sie
mit dem Betreuungsgeld gekauft haben. Freilich: Solche Fälle gibt es,
hier aber sind die Jugend- und Familienämter gefragt. Das
Betreuungsgeld mag nicht der Weisheit letzter Schluss sein, aber es
sollte neben anderen familienpolitischen Leistungen seine
Berechtigung haben. Eltern sind mündig genug, eine Entscheidung zu
treffen, die auf ihr Kind, ihre konkrete familiäre Situation
zugeschnitten ist.

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