Gelegentlich beschleicht uns Redakteure das Gefühl,
ein Thema richtig aufgegriffen zu haben. Der gestrige Leitartikel
handelte davon, dass vor allem die Politik die hohen Teilnehmerzahlen
bei Pegida-Demonstrationen als Anlass nehmen muss, das eigene Handeln
zu hinterfragen – das hat vor allem von linker Seite Kritik
ausgelöst.
Mehr als einmal schallte auch uns der Anwurf „Lügenpresse“
entgegen – meist in anonymen Kommentaren auf unserer Internetseite.
In Dresden hat er sich zum Kampfbegriff vieler Pegida-Demonstranten
entwickelt, die sich falsch dargestellt sehen. Allein, es darf als
problematisch gesehen werden, wenn sich zahlreiche Menschen berufen
fühlen, diesen von Nazis mehr als einmal gebrauchten Terminus zu
skandieren. Einerseits wollen viele bei Pegida nicht mit Rechten in
die gleiche Ecke gestellt werden. Andererseits demonstrieren sie aber
einträchtig mit jenen, die sich – offizielles Pegida-Programm hin
oder her – auf den Demos recht ungeniert beim Nazijargon bedienen. Da
werden schon mal Politiker und Journalisten als Volksverräter
beschimpft.
Da ist es nur angemessen, diese Wortwahl kritisch zu betrachten.
Dass die „Lügenpresse“ nun Unwort des Jahres geworden ist, verdient
Lob. Wenn Medien pauschal diffamiert werden, nur weil sie nicht die
vermeintlich richtige Meinung transportieren, ist das ungehörig.
Viele Journalisten mühen sich, die Pegida-Bewegungen differenziert zu
betrachten, und werden gleichzeitig ungeniert beleidigt und
verteufelt.
Gleichzeitig zeigt der Kampfbegriff sehr deutlich, wie schwer es
künftig fallen wird, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Wenn
jeder nur noch hören, lesen und sehen will, was das eigene
Meinungsbild bestätigt, laufen wir auf eine gespaltene Gesellschaft
zu, in der das Verständnis für andere Meinungen immer weiter abnehmen
wird. Das kann auch nicht im Interesse von Pegida-Anhängern sein.
Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de