Thüringische Landeszeitung: Negative Vorzeichen – NPD-Verbot droht erneut zu scheitern / Leitartikel von Christian Voigt zum Thema V-Leute und NPD-Verbot

Lang genug ist gehadert worden, ob man erneut für
ein Verbotsverfahren gegen die NPD Anlauf nehmen sollte. Lange wurden
Beweise gesammelt, lange wurden die Argumente abgewogen. Soll die
deutsche Politik nach dem krachenden Scheitern des ersten Verfahrens
2003 sich wirklich noch einmal auf den schweren Weg begeben?

Der Bundesrat trat 2013 aufs Gaspedal – und wurde gestern jäh
ausgebremst, bevor überhaupt in den nächsten Gang geschaltet werden
konnte. Die vorgelegten Beweise reichen den Verfassungsrichtern
schlicht nicht aus. Die Befürchtung in Karlsruhe: Noch immer könnten
zu viele V-Leute in der rechtsextremen Partei aktiv sein. Mit Ruhm
hat sich die Länderkammer damit nicht bekleckert, denn weiland
scheiterte das Verfahren eben an jenen V-Leuten.

Ordentlich Rückenwind hat damit unerwartet Thüringens
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bekommen, der zunächst mit
seinem Vorhaben, sämtliche V-Leute abzuschalten, ordentlich Gegenwind
bekam. Die Innenminister bereiteten den zweiten Verbotsantrag vor
drei Jahren sehr sorgfältig vor, wollten in Kürze sämtliche V-Leute
aus der NPD-Führung abziehen. Nun scheint klar: So sorgfältig wurde
offensichtlich doch nicht gearbeitet.

Gescheitert ist das Verbotsverfahren damit freilich noch nicht.
Die Länder müssen jetzt zeigen, dass sie den Fehler von 2003 nicht
wiederholen und sorgfältig nachlegen. Die Vorzeichen stehen nach der
Aufforderung an den Bundesrat, nachzujustieren, aber nicht auf
Erfolg. Den kann im Falle eines Scheiterns nur die NPD selbst
verbuchen. Mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der
die Hürden für ein Parteiverbot weit höher ansetzt, als das
Grundgesetz es tut, haben sie zudem noch ein Ass im Ärmel. Lange war
es still um sie. Urplötzlich sind sie wieder da. Genauso wie die
Gefahr, dass sich die deutsche Politik erneut blamiert

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