Thüringische Landeszeitung: Nur nicht wundern – Österreichs Rechtsruck ist hausgemacht / Leitartikel von Florian Girwert zur österreichischen Bundespräsidenten-Stichwahl am Sonntag

Ganz leicht sollten sich Kritiker ihre Schelte in
Richtung der österreichischen Wähler nicht machen, wenn der
FPÖ-Kandidat Norbert Hofer wirklich zum Bundespräsidenten gewählt
wird. Es steckt mehr hinter dem Votum als nur der Anwurf, in der
Alpenrepublik sei man ohnehin leicht für Rechtsaußen-Positionen zu
haben.

Nein, wenn die Österreicher jemanden zu ihrem Staatsoberhaupt
wählen, der dafür bekannt ist, mit allerlei rechtsextremen Positionen
d–accord zu gehen, der dafür bekannt ist, es mit der Wahrheit nicht
immer genau zu nehmen, zeigt das die heftige Denkzettel-Laune der
Österreicher. Sie haben über die vergangenen Jahre und Monate eine
Regierung gehabt, die nicht nur im Zeichen der zahlreichen
Flüchtlinge in Europa nicht in der Lage war, eine klare Linie zu
fahren. Stattdessen hat der abgetretene Sozialdemokrat Werner Faymann
es nicht geschafft, den Menschen zu vermitteln, was er eigentlich
will. Außer Kanzler zu sein und mit seiner Partei zu regieren.

Ähnlich wie in Deutschland haben viele Wähler den Eindruck gehabt,
ihre Regierung sei nicht Herr der Lage. Die aggressive Rhetorik der
Rechten hat man dabei nicht bekämpft, sondern in Teilen übernommen.

Wenn nun Hofer Bundespräsident werden sollte, muss sich die
österreichische Politik nicht wundern: Er steht, auch wenn es mit
freundlichem Lächeln verpackt wird, für eine sehr klare
Ausländer-Raus-Politik. Als Staatsoberhaupt sind seine Kompetenzen
begrenzt. Aber er könnte Vorbote für die nächsten Parlamentswahlen
sein. Dann würde es wohl nicht mehr bei Ausländer-Raus-Rhetorik
bleiben, auf die Teile der österreichischen Regierung eingeschwenkt
sind – und sie so salonfähig gemacht haben.

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