Thüringische Landeszeitung: Ohne Bodo-Mörder – Auf Rot-Rot-Grün wartet jetzt die Realität / Leitartikel von Bernd Hilder zur Ministerpräsidenten-Wahl im Thüringer Landtag

Es war der Tag und der Triumph des Bodo Ramelow.
Mit viel Verhandlungsgeschick und Konflikte zukleisternder Rhetorik
hat er trotz DDR-Unrechtsdebatte und knapper Einstimmen-Mehrheit ein
rot-rot-grünes Regierungsbündnis geschmiedet, dass viele für
unmöglich hielten. Was die Union lange nicht wahrhaben wollte: Linke,
SPD und Grüne brachten ihre knappe Mehrheit ziemlich souverän durch,
ohne einem Bodo-Mörder zum Opfer zu fallen. Kritiker der SED-Enkel
wurden mit Posten versorgt oder beugten sich der Parteidisziplin. Der
Groll selbst auf die nach links gerückte CDU war größer als der
Makel, ein Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall einen Linken zu
krönen.

Macht schweißt zusammen. Deswegen ist es nicht wahrscheinlich,
dass die Linksregierung schnell scheitert. Allein durch ihre Existenz
hat sie besonders für SPD und Linke einen strategischen Wert. Dass
die Linke diese Chance auch als bundespolitisches Signal und als
Vorbild für andere östliche Bundesländer wie beispielsweise
Sachsen-Anhalt nutzt, liegt auf der Hand.

Für die SPD taugt das Erfurter Linksbündnis als Testlauf für die
Bundespolitik – und kann zum Bumerang werden: In den ostdeutschen
Bundesländern könnte die SPD nun weiter Wähler an die salonfähig
gemachte und hofierte Linke verlieren.

Nach Jubel und Schampus kommt die Ernüchterung. Das wird auch
Rot-Rot-Grün nicht erspart bleiben. Angesichts knapper Kassen dürfte
es schwer werden, alle Wahlversprechen einzuhalten und die dem einen
mächtigen Staat propagierenden Bündnis eigene Gebermentalität
auszuleben. Das frustriert schnell die eigenen Anhänger.

Ramelow selbst hat mit seinem Versprechen, den Dialog mit seinen
Kritikern zu suchen und Stellenbesetzungen nicht nach
Parteizugehörigkeit vorzunehmen, positive Signale ausgesendet. Die
muss er nun mit Leben füllen.

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