Thüringische Landeszeitung: Politik mit Nobelpreis / Warum Zweifel an der diesjährigen Verleihung bleiben

Früher verlieh das fünfköpfige Komitee des
norwegischen Parlaments den Friedensnobelpreis an Persönlichkeiten
oder Organisationen für deren überragende, friedensbildenden
Verdienste an der Menschheit. Lech Walesa, Nelson Mandela, Andrej
Sacharow oder Yitzak Rabin sind herausragende Beispiele dafür. Seit
einiger Zeit aber tun sich die Osloer Politiker schwer mit ihrer
Wahl. Das droht den Friedensnobelpreis, die bedeutendste Auszeichnung
dieser Welt, zu beschädigen. So war die Vergabe an Al Gore,
offensichtlich gemeint als Protest gegen George W. Bush, kaum mit den
ursprünglichen Zielen Alfred Nobels vereinbar. US-Präsident Obama war
eher irritiert, als er den Preis bekam, obwohl er kaum im Amt war.
Seine Kriegsführung mit Drohnen hat es nicht beeinflusst. Und
fragwürdig war es auch, als im vergangenen Jahr die Europäische Union
in Oslo geehrt wurde, obwohl längst noch nicht klar ist, ob Brüssel
die ausufernden Probleme in den Griff bekommt. Die Systematik der
Preisverleihung ist klar: Das Komitee will nicht Taten loben, sondern
selbst Politik machen. So betrachtet ist der Friedensnobelpreis für
die Organisation zum Verbot von Chemiewaffen eine konsequente
Entscheidung, um die völlige Vernichtung von Chemiewaffen
voranzutreiben. Diesem Ziel kann niemand widersprechen. Zweifel
bleiben aber trotzdem. Dass beispielsweise Syrien jetzt der
Anti-Chemiewaffen-Konvention beitritt, ist nicht der Den Haager OPCW
zu verdanken, sondern dem Druck Washingtons auf Damaskus. Und
Russland oder die USA werden ihre Chemiewaffen erst dann vernichten,
wenn sie aus eigenem Willen dazu bereit sind. So betrachtet
registriert die zweifelsohne wichtige internationale Organisation nur
den Zustand der Welt, sie prägt ihn aber nicht.

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