Thüringische Landeszeitung: Polizei braucht Profis – „Hilfssheriffs“ sind keine Lösung / Leitartikel von Anette Elsner zum Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zur Installierung von Wachpolizisten

Zwölf Wochen Ausbildung reichen, dann dürfen
Menschen in Sachsen schlagen, schießen und verhaften. Mehr als diesen
Kurzlehrgang braucht es nicht im Heimatbundesland von
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), um Wachpolizist zu
werden. Solcherart gerüstet, dürfen die „Hilfssheriffs“ durch die
Straßen streifen, um böse Buben dingfest zu machen – oder Menschen,
die sie dafür halten.

Ob drei Monate Crashkurs reichen, um Situationen richtig
einschätzen und überlegt handeln zu können, wenn es gefährlich wird,
darf getrost bezweifelt werden. „Polizeiarbeit braucht Profis und
keine Amateure“, sagt Innenminister Ralf Jäger (Nordrhein-Westfalen).
Deshalb wird es in dem SPD-geführten Bundesland keine Wachpolizisten
geben. Beim Bundesinnenminister zieht dieses Argument nicht. Was
Sachsen und diversen anderen Bundesländern recht ist, in denen die
CDU Regierungsverantwortung trägt, sollte seiner Meinung nach dem
Bund billig sein: „Hilfssheriffs“ für alle ist die Devise, um die
hauptamtlichen Polizisten in ganz Deutschland zu entlasten.

Spätestens jetzt müsste der Aufschrei aus den Reihen der richtigen
Polizisten in den ministeriellen Ohren gellen. Ist doch ein solcher
Vorschlag ein Schlag ins Gesicht für sie; eine Herabwürdigung ihrer
Qualifizierung und Leistung.

Wer die Polizei entlasten will, muss mehr Polizisten einstellen
und keine staatlich legitimierten Bürgerwehren aus „Billigheimern“ in
Uniform aufstellen. Wenn das Modell sich durchsetzt, sind
qualifizierte Ordnungshüter bald ein Auslaufmodell. Dagegen sollte
sich Widerstand formieren – zivil und in Uniform.

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