Eigentlich ist Wladimir Putin gar nicht anwesend
beim Gipfel der großen Industriestaaten. Und doch ist der russische
Präsident präsent, zumindest ist er in aller Munde. Erst gestern
betonte die Kanzlerin mit einem Unterton des Bedauerns, dass der
jetzige G7-Gipfel kein normaler sei, weil er erstmals seit langem
ohne Russland stattfindet. Auch gibt es die Hoffnung, dass Putin beim
nächsten Gipfel in Deutschland wieder dabei ist.
Überhaupt herrscht momentan beim Westen das Prinzip Hoffnung vor –
die Hoffnung, dass es Russland bei der Annexion der Krim bewenden
lässt und nicht länger den Aggressor gibt. Viele andere Möglichkeiten
gibt es momentan auch nicht. Das muss nicht unbedingt verkehrt sein.
Deutschland und Westeuropa ist an einer Zuspitzung des Konflikts
nicht gelegen. Die Europäer, die im Schnitt 30 Prozent ihres Erdgases
und 35 Prozent ihres Rohöls aus Russland einkaufen, sind in ihrer
Wortwahl vorsichtig. Brüssel hat zwar Pläne für einschneidende
Wirtschaftssanktionen bis hin zu einem Importstopp für Gas und Öl in
der Schublade. Doch Verhandlungen haben richtigerweise Vorrang.
Selbst das neue außenpolitische Selbstbewusstsein des
US-Präsidenten darf nicht überschätzt werden. Die Ankündigung, die
Truppen in Osteuropa aufzustocken, klingt zwar konfrontativ. Aber
durch zusätzliche Manöver lassen sich wohl kaum Polen und die
baltischen Staaten vor einem russischen Angriff verteidigen. Und eine
massive Truppenstärke in Grenznähe ist ohnehin ein Tabu. Vielleicht
kommt es jetzt wenigstens auf den französischen Schlachtfeldern an
der Nordatlantikküste zu etwas Tauwetter.
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