Gibt es politische Justiz in Deutschland? Benutzt
die CDU Gerichte, um Andersdenkende zu verfolgen? Bodo Ramelow sagt:
Ja. Auch er sei Opfer dieser Gerichtsbarkeit, die seiner Meinung nach
auf Befehl von oben gesteuert wird. Egal, ob es mutmaßlich um Raserei
oder die Blockade einer Nazi-Demonstration geht – Ramelow inszeniert
sich als verfolgte Unschuld.
Als Ministerpräsident Derartiges zu behaupten, ohne konkrete
Beweise vorzulegen, ist ein gefährliches Spiel mit der Unabhängigkeit
der Justiz, die plötzlich zum Schlachtfeld des politischen Nahkampfes
wird.
Dabei wirft Ramelow Nebelkerzen. Im Dresdener Verfahren geht es
nicht um die Frage, ob man zu Demonstrationen gehen dürfe oder nicht,
sondern in Wahrheit darum, ob Ramelow widerrechtlich eine
Nazi-Demonstration blockiert hat. Von diesem Vorwurf bleibt nach
Ansicht des Gerichts nicht viel übrig. Daher verfügte es eine
Einstellung des Verfahrens. Ramelow will aber keinen Freispruch
„zweiter Klasse“, weil er einen Teil seiner Anwaltskosten zahlen
soll.
Das ist Ramelows gutes Recht – und deswegen sollte er die finale
juristische Aufarbeitung suchen, anstatt einen wehleidigen
Kleinkrieg gegen ein Dresdener Gericht zu führen, das ihn im
Wahlkampf noch vor dem Antrag auf Aufhebung der Immunität bewahrt
hatte. Deswegen liegt die neue Linken-Fraktionschefin, Susanne
Hennig-Wellsow richtig, wenn sie diese rechtsstaatliche Klärung
begrüßt – und Gregor Gysi ziemlich daneben, wenn er der sächsischen
Justiz, die auch schon über Politiker anderer Parteien gerichtet hat,
politische Motive unterstellt.
Was als Oppositionsführer vielleicht noch pfiffig war, wirkt als
Ministerpräsident unsouverän. Anstatt unbewiesene Vorwürfe zu
erheben, sollte sich Ramelow entscheiden, seine Anwaltskosten selbst
zu zahlen oder sich vor Gericht zu verteidigen. Sonderrechte für
Ministerpräsidenten gibt es nicht.
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