Thüringische Landeszeitung: Spagat für Lucke – Neue AfD-Satzung hilft nur oberflächlich / Leitartikel von Florian Girwert zum Ergebnis des AfD-Parteitages in Bremen

Die AfD hat die Querelen in ihrer Führungsriege
zumindest nach außen hin beendet. Dokumentiert wird das auf einem
lauten und kontroversen Parteitag, an dessen Ende der ohnehin von den
meisten als Parteichef wahrgenommene Bernd Lucke die Satzungsänderung
bekommt, die ihm im Verlauf des Jahres die alleinige Führung der
Partei sichern soll.

Doch Lucke sollte sich von derartigen Formalien nicht täuschen
lassen. Seine bisherige Ko-Chefin Frauke Petry und Parteivize
Alexander Gauland werden sich auch künftig nicht davon abhalten
lassen, eigene Vorstöße zu unternehmen. Im Fall Pegida war das gut zu
sehen – von Parteichef Lucke und seinem Verbündeten Hans-Olaf Henkel
beargwöhnt, näherten sich Petry und Gauland der Bewegung an und
versuchten nicht zuletzt, die Proteste im Sinne der Partei zu
vereinnahmen. Die beiden wissen nach ihren Erfolgen im
Landtagswahlkampf, mit welchen Themen sich beim Wähler punkten lässt
– und sie sind dort, wo ihre Wähler leben. Bernd Lucke hingegen sitzt
im Europaparlament – das jedoch gilt in der Welt der deutschen
Politik nicht unbedingt als das Zentrum von Macht und Einfluss,
obwohl seine Rolle immer wichtiger wird.

Deshalb ist es aus Luckes Sicht richtig und wichtig, dass die
Partei einen Generalsekretär bekommt, der seinem Chef im Krisenfall
den Rücken freihalten kann – wenn der gerade nicht im Lande ist. In
absehbarer Zeit wird sich Lucke jedoch zweifellos darum bemühen, eine
exponierte Stellung in Deutschland zu bekommen. Allein, die Zeit bis
zur nächsten Bundestagswahl ist noch lang. Erst 2017 wird wieder
gewählt. So lang muss Lucke noch den Spagat zwischen EU-Parlament und
Parteivorsitz aushalten.

Seine innerparteilichen Konkurrenten werden deshalb – alleiniger
Vorsitz hin oder her – immer wieder austesten, wie weit sie im
Machtkampf oder im Richtungsstreit, in Abweichung zu Lucke gehen
können.

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