Die Lokführergewerkschaft GDL, die
Pilotenvereinigung Cockpit oder der Marburger Bund springen jetzt an
die Decke. Doch sie sind es selbst, die mit ihrer Tarifpolitik auf
dem Rücken von Passagieren und Patienten sowie mitunter gegen die
Interessen der anderen Mitarbeiter in ihren Unternehmen den
Gesetzentwurf zur Tarifeinheit heraufbeschworen haben. Jahr für Jahr
haben zuletzt vor allem Lokführer und Piloten Millionen von Reisenden
für ihre gewerkschaftlichen Zwecke missbraucht. Das Fass zum
Überlaufen brachte schließlich die Forderung der
Lokführergewerkschaft, auch für andere Bahn-Beschäftigte verhandeln
zu wollen. Der Druck auf die Regierung, diesem Treiben der kleinen,
aber durchaus mächtigen Gewerkschaften ein Ende zu bereiten, war
folglich groß.
Gleichwohl ist der Gesetzesvorschlag aus dem Ministerium von
Andrea Nahles (SPD) ein gewagtes Unterfangen. Sicher scheint schon
jetzt, dass sich die höchsten deutschen Gerichte – eine Zustimmung
im Bundestag vorausgesetzt – mit dem Tarifeinheitsgesetz
auseinandersetzen werden. Dabei wird die Frage zu klären sein, ob die
grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit und damit das
Streikrecht für Gewerkschaften, die Tarifautonomie und gleichzeitig
der Betriebsfrieden mit diesem Gesetz noch im Einklang sind. Es ist
zweifellos „ein Ritt auf der verfassungsmäßigen Rasierklinge“, wie es
bereits gestern der arbeits- und sozialpolitische Sprecher der
Unionsfraktion im Bundestag, Karl Schiewerling, formulierte. Und so
muss Andrea Nahles im Gesetzgebungsprozess auch mit kritischen
Stimmen aus der Union rechnen.
Wer nun hofft, dass aufgrund des Gesetzentwurfs
Lokführergewerkschaft oder Pilotenvereinigung ihre Streiktaktik
ändern werden, muss sich eines besseren belehren lassen. Auf die
aktuellen Tarifstreitigkeiten bei Bahn und Lufthansa wird das Gesetz
keinen Einfluss haben. Und das ist bei aller berechtigten Kritik auch
richtig.
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