Er stand überhaupt nicht zur Wahl, aber jetzt ist
Sigmar Gabriel flugs dabei, sich zum Vize-Kanzler neben Angela Merkel
aufzuschwingen und die SPD vom abgewatschten Verlierer des Wahlabends
zum eigentlichen Gewinner der Bundestagswahl zu machen. Denn dass der
Einfluss der SPD in einer Großen Koalition weit über ihren mageren
Stimmenanteil hinausreichen würde, ist so sicher wie das Amen in der
Kirche. Deutschland würde nach links rücken.
Deswegen ist es umso erstaunlicher, dass sich ausgerechnet Gabriel
selbst die größten Stolpersteine in den Weg gelegt hat, als er die
Bildung der ungeliebten Koalition mit der Union zunächst in die Hände
eines Parteikonvents gelegt und dann auch noch von einem Votum der
SPD-Mitglieder abhängig macht. Damit will er aus der Union so viele
Zugeständnisse wie nur möglich herauspressen. Gelingt ihm dies jedoch
nicht und die SPD-Basis verweigert Gabriels Verhandlungsergebnissen
die Zustimmung, wäre er nicht der zweitmächtigste Politiker des
Landes, sondern als SPD-Chef am Ende.
Nachdem Gabriel die Forderung nach wirtschaftsschädlichen
Steuererhöhungen de facto aufgegeben hat, hängt sein Schicksal nun an
der Durchsetzung eines flächendeckenden Mindestlohnes. Doch es wäre
für den Arbeitsmarkt fatal, wenn Kanzlerin Merkel ausgerechnet hier
einknicken würde.
Der SPD sollte zu denken geben, dass alle maßgeblichen
Wirtschaftsexperten vor dem Mindestlohn à la SPD warnen. Er würde
besonders in Ostdeutschland viele Arbeitsplätze kosten. Man fragt
sich, warum die Sozialdemokratie dafür die Verantwortung tragen will,
anstatt nach Branchen und Regionen flexible Mindestlöhne zu
akzeptieren, ausgehandelt von den Tarifparteien. Es ist nicht Aufgabe
von Politikern, Löhne festzusetzen. Ein flächendeckender Mindestlohn
käme Deutschland teuer zu stehen.
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