Thüringische Landeszeitung: Ungarn alarmiert / Kommentar von Axel Zacharias zum Ergebnis der Wahlen in Ungarn

Es ist ein Novum. Erstmals seit 1989 wurde in
Ungarn ein Ministerpräsident in seinem Amt bestätigt. Instabil also
ist das südeuropäische Land keineswegs. Dies ist so, weil es den
meisten Ungarn materiell vergleichsweise gut geht. Und Kritik an
Brüssel als Wahlkampfthema kommt in Zeiten der EU-Verdrossenheit
offenbar nicht nur bei den Magyaren gut an. Der machtbesessene und
rechtspopulistische Viktor Orban jedenfalls vermochte es, trotz aller
Kritik an seiner die Demokratie beschädigenden Politik seine
Wiederwahl abzusichern.

Das mag aber auch an den Alternativen liegen, die sich den Ungarn
zur Wahl anboten. Das Mitte-Links-Bündnis hat kein wirklich
überzeugendes Personal zu bieten. Nie war im Vorfeld der Wahl das
Mehrheitsvotum für Orban und seinen Fidesz gefährdet.

Erschreckend allerdings ist: Annähernd 70 Prozent der Ungarn haben
rechtsnational oder gar rechtsradikal gewählt. Das lässt bei der EU
die Alarmglocken schrillen. Eine Lösung für dieses Problem allerdings
hat auch in Brüssel bislang niemand. Dies ist umso bedenklicher, da
am 25. Mai die Wahl über die Zukunft Europas ansteht.

Vielleicht aber ist das Wahlergebnis von Budapest auch ein
Weckruf. Europa wird als zunehmend undemokratisch empfunden. Das
Parlament wird gewählt, hat aber zu wenig Macht. Die EU-Kommission
aber ist nicht wirklich demokratisch legitimiert, hat dafür aber eine
ganze Menge Macht. Und sie fordert von den Nationalstaaten immer mehr
davon. Das kann zu solch einer Reaktion wie in Ungarn führen. Dieses
düstere Signal sollte Anlass sein, Entwicklungen in Gang zu setzen,
die zu größerer Akzeptanz eines einheitlichen Europas führen.

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