Thüringische Landeszeitung: Verlorenes Vertrauen (Kommentar zur Zimmermann-Affäre in Thüringen)

Eine Affäre wird meist erst dann zu einer
politischen Krise, wenn das Krisenmanagement nicht funktioniert. Das
war beim Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff so, aber auch bei
Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière. Nun hat die Causa
Zimmermann/Lieberknecht keine vergleichbare Dimension, aber das
Vertrauen in die politische Klasse ist erschüttert, der Vorwurf der
Versorgungsmentalität steht weiter im Raum. Und Lieberknecht tut das,
was andere vor ihr auch schon – erfolglos – gemacht haben: Sie
schweigt. Bestätigt wird nur das, was nicht mehr wegzudiskutieren
ist. Den öffentlichen Aufschrei der Empörung versucht sie erst
auszusitzen, wenn das nicht mehr gelingt, verspricht sie volle
Transparenz, ohne dieses Versprechen zu erfüllen. Schließlich macht
sie in der Sache einen Rückzieher, aber ohne öffentliches
Schuldeingeständnis.

In dieser Affäre ist getrickst und getäuscht worden, der
Öffentlichkeit wurden Beruhigungspillen verabreicht, die aber nicht
gewirkt haben. Die Hoffnung auf ein schnelles Ende der Affäre,
nachdem Zimmermann endlich und viel zu spät selbst um seine
Entlassung gebeten hatte, hat getrogen. Dazu ist zu viel Vertrauen
bei den Menschen im Land und bei den politisch Agierenden kaputt
gegangen.

Lieberknecht kann diese selbst eingebrockte Suppe nur erfolgreich
auslöffeln, wenn sie jetzt alle Fakten der Öffentlichkeit präsentiert
und nicht nur dem Kabinett auf den Tisch legt. Dazu gehört vor allem
der Vermerk aus ihrer Staatskanzlei, in dem von der dann
eingeschlagenen Linie dringlich abgeraten wurde. Normalerweise hat
Lieberknecht ein Gespür dafür, was die Menschen erwarten. Es hat sie
in den letzten Wochen verlassen. Noch hat sie die Chance, es wieder
zu gewinnen. Ein Eingeständnis, Fehler gemacht zu haben, würde ihr in
der öffentlichen Meinung eher nützen als schaden.

Von Hartmut Kaczmarek

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