Thüringische Landeszeitung: Verwässerter Entwurf / Kommentar von Matthias Benkenstein zum Mindestlohn-Gesetzentwurf

Bis zuletzt wurde hinter den Kulissen gerungen, nun
hat der Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Nahles zum Mindestlohn
den Segen des Kabinetts. Es wurde auch Zeit. Der Mindestlohn ist
dringend erforderlich, um eine Gerechtigkeitslücke in Deutschland zu
schließen. Die Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können. Arbeit
darf nicht arm machen.

Von einem flächendeckenden Mindestlohn kann jedoch nicht die Rede
sein. Langzeitarbeitslose und Jugendliche haben das Nachsehen. Für
Niedriglohnbereiche gibt es Übergangszeiten. So löchrig hat man sich
den Entwurf nicht vorgestellt. Der Ausschluss von
Langzeitarbeitslosen kann dazu führen, dass sie als billige
Arbeitskräfte missbraucht werden. Schließlich könnten Firmen auf die
Idee kommen, das Billigpersonal nach einem halben Jahr ohne
Kündigungsschutz einfach auszutauschen.

Merkwürdig ist auch das Argument, wonach die Eintrittsschwelle für
Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt nicht erhöht werden soll.
Wenn man etwas auf diesem Gebiet tun will, dann müssen die
Unterstützungs-, Qualifizierungs- und Fördermaßnahmen für Arbeitslose
verbessert werden.

Es bleibt spannend, ob der umstrittene Gesetzentwurf aus dem
Parlament so wieder herauskommt, wie er hineingeht. Bis zur
endgültigen Verabschiedung im Herbst ist es noch ein langer Weg. Die
eine Seite wird versuchen, die Ausnahmeregelungen zurückzufahren. Die
andere Seite wird dagegen nach weiteren Ausnahmen rufen. Ein Ende des
Tauziehens um den Mindestlohn ist derzeit nicht abzusehen.

Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de

Weitere Informationen unter:
http://