Thüringische Landeszeitung: Viel Konfliktstoff – Der Tarifabschluss ist ein Kompromiss / Leitartikel von Axel Zacharias zum Tarifstreit im Öffentlichen Dienst

Die an sich gute Nachricht des Wochenendes ist die
Einigung im Tarifstreit des Öffentlichen Dienstes. Eine Erhöhung der
Löhne um 4,6 Prozent – das ist im Vergleich zu anderen Bereichen kein
ganz kleiner Schluck aus der Pulle, der erst einmal vom Steuerzahler
gestemmt sein will. Aber sei–s drum, man hat sich geeinigt, und das
ist ja heutzutage durchaus ein Wert an sich. Wenn da nicht die eher
kleine Lehrergewerkschaft GEW wäre, die sich möglicherweise an den
Spartengewerkschaften der Piloten und der Lokführer ein Beispiel
genommen hat. Das ist nicht ohne Risiko, weil angesichts des für die
Beschäftigten ja nicht allzu schlechten Ergebnisses so mancher
Steuerbürger meinen könnte, hier bekomme mal wieder eine
vergleichsweise kleine Minderheit den Hals nicht voll.

Pikant dabei ist, dass der Thüringer Lehrerverband sich im
Gegensatz zur GEW nunmehr in der „Friedenspflicht“ sieht. Da gibt es
also auch innerhalb der Lehrerschaft ab sofort genügend Konfliktstoff
– zumindest im Freistaat.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Lehrer leisten eine wichtige
und verantwortungsvolle Arbeit. Wer meint, dass der Beruf hinlänglich
damit umschrieben sei, wenn man lästere „Am Vormittag haben die
Lehrer recht und am Nachmittag frei“, der hat keinen blassen Schimmer
von der Schwere ihrer Aufgabe.

Es ist immer die Kunst der verhandelnden Partner, einen Kompromiss
zu finden. Mit der Gewerkschaft Verdi wurde er gefunden, auch wenn
die angestellten Lehrer jetzt etwas im Regen stehen. Es scheint
deshalb nur so, als beanspruche die GEW eine Sonderstellung. Das aber
ist mitnichten so, die Forderungen waren von Anfang an bekannt.

Zudem: Der höhere Beitrag zur Altersvorsorge ist nicht
unproblematisch, in Zeiten erhöhter Lebenserwartung aber eben wohl
auch nötig. Und irgendwann werden die Steuerquellen auch mal weniger
kräftig sprudeln. Dann können sich zu hohe Abschlüsse rächen.

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