Thüringische Landeszeitung: Vorgeführte CDU/CSU / Kommentar von Bernd Hilder zum Fall Edathy

Nichts anderes war ernsthaft zu erwarten: Auch nach
der zweiten Sitzung des Innenausschusses im Kinderporno-Verdachtsfall
des Ex-SPD-Abgeordneten Edathy bleiben bohrende Fragen nach
rechtswidrigen Durchstechereien, Missbrauch von Macht und Ämtern
sowie politisch-moralischen Verfehlungen ungeklärt. Neu ist die
leidenschaftliche Intensität, mit der die Unionsparteien CDU und CSU
um des puren Machterhalts willen im Gleichschritt mit der SPD
versuchen, die ungeheuerliche Staatsaffäre aus der Welt zu schaffen.
Der großkoalitionäre Aufklärungswille ist am Nullpunkt angekommen.

Der Fall Edathy zeigt exemplarisch, wer in der Regierung die Ringe
hinhält und wer auf Befehl durchspringt. In nicht einmal einer Woche
wurde aus einem für die Parteispitze bedrohlichen SPD-Skandal ein
mindestens ebenso großer Imageschaden für die Union, die nun, nach
einem kunstvoll von der SPD abgeschossenen CSU-Minister, wie der
politische Depp dasteht. Trotzdem hilft sie plötzlich tatkräftig
mit, um den in Widersprüche verstrickten SPD-Fraktionschef Oppermann
zu retten. Das peinliche Unionsverbiegen hat etwas Offenbarendes.
Der Bürger merkt, worum es wirklich geht: die Sicherung der eigenen
Posten.

Das kommt mit unfreiwilliger Komik daher. Etwa wenn der
offensichtlich stark leichtgläubige CSU-Abgeordnete Stephan Meyer,
der neue Shooting-Star der Selbstaufgabe, erklären muss, dass er
Oppermanns tiefstes Bedauern über Friedrichs Rücktritt für ehrlich
hält.

Während Kanzlerin Merkel sofort ihre schützende Hand über die
strauchelnden Sozialdemokraten hielt, sprang CSU-Chef Seehofer
erstmal als Tiger los, um, wie so oft, als politischer Bettvorleger
zu landen.

Man muss schon aus Furcht vor der weiteren Erodierung unseres
Rechtsstaates nur hoffen, dass die kleine Opposition im Bundestag der
großen Durchgriffsregierung die Vertuschungs- und Täuschungsversuche
nicht durchgehen lässt. Ihre Mittel sind begrenzt.

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