Thüringische Landeszeitung: Weg zur Wahrheit – Armenien-Resolution ist richtig / Leitartikel von Matthias Benkenstein zur Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages

Sogar der Papst hat im vergangenen Jahr vom „ersten
Genozid des 20. Jahrhunderts“ gesprochen. Viele Parlamente, in
Frankreich, Schweden oder Holland, haben den Völkermord an den
Armeniern bereits benannt. Die Bundesregierung hatte damals die
Gelegenheit verpasst, dem Papst den Rücken zu stärken. Sie sprach
weiter von Massakern und Vertreibung anstatt von Völkermord. Das soll
sich nun ändern. Am 2. Juni will der Bundestag eine
entsprechende Resolution beschließen. Das ist richtig, auch wenn der
Schritt verspätet kommt.

Wichtig ist es jetzt, sich nicht weiter von türkischer Seite
einschüchtern zu lassen – auch jetzt in der Flüchtlingskrise nicht.
Andernfalls besteht die Gefahr, sich abhängig zu machen. Schon zu
lange hat man sich in der Frage zaghaft verhalten. Erst vor kurzem
soll die Vertretung der Türkei bei der EU den Stopp der Hilfe für ein
Projekt der Dresdner Sinfoniker gefordert haben, das sich kritisch
mit dem Genozid befasste. Es wird nicht die letzte derartige Aktion
gewesen sein. Doch letztlich ist es unwahrscheinlich, dass die
Armenien-Resolution den Flüchtlingsdeal zum Platzen bringt.

Der Tod von bis zu 1,5 Millionen Armeniern ist nach wie vor
ein heikles Thema in der Türkei. Die Diskussion darüber, auch in
Deutschland, trägt hoffentlich dazu bei, die Aufarbeitung
voranzutreiben. Schon Kinder lernen, dass es keinen „Völkermord“
gegeben habe. Und der türkische Ministerpräsident warf dem Papst vor,
dass dessen Worte zu Rassismus beitrügen. Trotz allen Leugnens gibt
es aber Hoffnung: In jüngster Zeit findet historische Aufarbeitung
durch zivilgesellschaftliche Initiativen und Wissenschaftler in der
Türkei statt. Auf Dauer wird sich die Wahrheit nicht verdrängen
lassen.

Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de