Nach den vielen schlechten Nachrichten für
Bahnkunden in den vergangenen Monaten ist das endlich eine gute:
Pünktlich zum Beginn der Urlaubszeit sind weitere Streiks der
Lokomotivführer bis Herbst 2016 abgewendet. Den Schlichtern Ramelow
und Platzeck gelang der Tarifkompromiss. Das war nicht
selbstverständlich, schließlich hatten Bahn und Lokführergewerkschaft
GDL zuvor ein Jahr fast ergebnislos verhandelt. Ganze neun Mal ließen
die Lokführer bis zu fünf Tage am Stück ihre Züge stehen und trieben
Millionen von Bahnkunden zur Weißglut.
Die Schlichtung ist aber nicht nur für Bahnkunden erfreulich. Sie
hat mehrere Gewinner. Zum einen ist da natürlich die GDL, deren
Mitglieder mehr Geld bekommen, wo die Arbeitszeit gesenkt und der
Überstundenberg abgetragen wird. Außerdem musste die GDL als kleine
Gewerkschaft befürchten, durch das Tarifeinheitsgesetz bei der Bahn
bedeutungslos zu werden. Jetzt gibt die Bahn den Lokführern die
Garantie, bis 2020 wichtiger Tarifpartner des Unternehmens zu
bleiben. Das hat auf die GDL versöhnlich gewirkt. Im Gegenzug
verpflichtet sich die Gewerkschaft, künftig erst nach einem
Schlichtungsversuch zu streiken.
Nicht zuletzt geht der Thüringer Ministerpräsident als Gewinner
aus der Schlichtung hervor, was ebenfalls nicht selbstverständlich
war. Ramelow ging ein großes Risiko ein: weil es vorher noch nie
einen aktiven Spitzenpolitiker als Schlichter in einem Tarifkonflikt
gegeben hat und weil die Fronten der Konfliktparteien so verhärtet
waren. Nun hat er, ganz der alte Gewerkschaftsfunktionär, bewiesen,
dass er sein Handwerk nicht verlernt hat. Zu Recht wird er jetzt mit
Lob statt mit Spott überschüttet. Wenn er nicht noch die eine oder
andere Aufgabe als Landeschef zu erledigen hätte, könnte man ihm
angesichts des ärgerlichen Post-Streiks gleich wieder zurufen:
Ramelow, übernehmen Sie!
Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de