Wasserstraßenkategorisierung basiert auf unrealistischen Prognosen

Die deutschen Binnenhäfen haben nachgerechnet! Die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), im Rahmen des 2. Berichts an den Haushaltsausschuss des Bundestages, vorgelegte Kategorisierung der Wasserstraßen basiert auf unzureichenden Prognosewerten. Für die „heruntergestuften“ Wasserstraßen Elbe-Seiten-Kanal, Datteln-Hamm-Kanal, Teltowkanal, Saar und Neckar können in Zukunft weit mehr Gütermengen transportiert werden, als vom BVMVBS angenommen. Dies ergeben Untersuchungen von betroffenen Binnenhäfen und Bundesländern. Voraussetzung dafür ist der Ausbau der Wasserstraßeninfrastruktur insbesondere Schleusen und Abstiegsbauwerke.
Offensichtlich hat das Verkehrsministerium zuerst beschlossen die betroffene Infrastruktur nicht zu bauen und dann gerechnet, was in einem solchem Fall an Gütermenge transportiert werden kann. Dies kann nicht der Sinn einer Prognose zum Infrastrukturausbau sein!
Eine solche Prognose sollte berücksichtigen, was der Ausbau von Wasserstraßen für Verlagerungen von der Straße auf die Wasserwege erreichen kann. Im Einzelnen erwarten die deutschen Binnenhäfen auf folgenden Wasserstraßen höhere Mengen als vom BMVBS prognostiziert. Die Folge daraus ist, dass betroffene Wasserstraßen in einer höheren Kategorie als beim Konzept des BMVBS einzustufen sind:
Saale 3,6 Mio. t/a Quelle: Verein zur Hebung der Saaleschifffahrt
Teltowkanal 5,5 Mio. t/a Quelle: Initiative Weitblick Binnenschifffahrt plus
Datteln-Hamm-Kanal 11,7 Mio. t/a Quelle: Hafen Hamm, SUT 3/2011
Saar > 5 Mio. t/a Quelle: Hafen Saarlouis, SUT 4/2011
Neckar 4,6 – 7 Mio. t/a Quelle: Grundlagenuntersuchung Baden-Württemberg
Elbe-Seiten-Kanal > 5 Mio. t/a Quelle: railistics Gutachten
Wieder einmal zeigt sich, dass die Kategorisierung der Wasserstraßen nur nach Gütermengen unsinnig ist und die Wirklichkeit unzureichend wiedergibt. Zudem beruht die Kategorisierung offensichtlich auf unzureichenden Prognosen, welche der Möglichkeiten, Güter der verladenden Wirtschaft auf die Wasserstraßen zu verlagern, nicht Rechnung trägt.
Dies sieht offensichtlich auch der Verkehrsausschuss des Bundestages so. Dieser erwartet in seinem gestrigen Entschließungsantrag vom BMVBS ein überarbeitetes Konzept mit einer besser begründeten Netzkategorisierung und Priorisierung auf der Basis von aktuellen Prognosen und erweiterten Kriterien.
Der Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen sieht sich damit in seiner Kritik an den Plänen des BMVBS bestätigt und fordert das Bundesverkehrsministerium auf, das alleinige Kriterium der Tonnage umgehend aufzugeben und die Einteilung der Wasserstraßen nach vernünftigen ganzheitlichen Ansätzen vorzunehmen.

Die Sicherung einer nachhaltigen Mobilität ist eine wesentliche Voraussetzung für Wirtschaftswachstum und Be­schäftigung. Güterverkehr und Logistik gewährleisten die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und den Wohlstand der Menschen. Die Zukunft des Standorts Deutschland und die Umweltbilanz des Verkehrs werden maß­geblich beeinflusst durch den intelligenten Verbund der Verkehrsträger Wasserstraße, Schiene und Straße. Wesentli­che Schnittstellen zwischen diesen Verkehrsträgern sind die Binnenhäfen.
Binnenhäfen entwickeln und betreiben leistungsfähige Verkehrs- und Logistikinfrastruktur. Sie sind ideale Standorte für Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Das Angebot der Häfen reicht von der Bereitstellung hoch­wertiger Flächen und Immobilien über den Betrieb von Umschlaganlagen bis zur Organisation effizienter Logistikket­ten. Über 100 Häfen in Deutschland bilden das Rückgrat des Bundesverbandes Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) mit Sitz in Berlin. Der BÖB ist Mitglied im Europäischen Verband der Binnenhäfen (EVB). Vor Ort ist der BÖB mit regio­nalen Arbeitsgemeinschaften in allen wichtigen deutschen Wirtschaftsräumen vertreten. Spezielle Fachthemen werden in überregionalen Ausschüssen behandelt.
Der BÖB ist kompetenter Ansprechpartner für die Politik auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene und kooperiert mit bedeutenden Wirtschaftsverbänden. Er bringt auf diesem Weg die Belange seiner Mitgliedsunternehmen in den politischen Meinungsbildungsprozess ein. Der BÖB erfüllt Aufgaben und verfolgt Ziele in folgenden Bereichen: Politik, Öffentlichkeit, Institutionen, Mitgliedsunternehmen