Erst am Montag hatte Bundespräsident Joachim Gauck
ein langes Gespräch mit Can Dündar geführt, dem Ex-Chefredakteur der
unabhängigen türkischen Tageszeitung „Cumhuriyet“. Dass Gauck einen
Mann empfing, der in seiner Heimat im Gefängnis säße, ist ein
beachtlicher und klarer Protest eines deutschen Staatsoberhauptes.
Und nun erinnert ein Staatsminister des Auswärtigen Amtes zudem
daran, dass „alle kritischen Geister“ in Deutschland Asyl beantragen
könnten. Dies macht den Bruch mit der Türkei vollends sichtbar.
Formal ist es eine Selbstverständlichkeit: Laut Grundgesetz
genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Doch dass ein deutscher
Regierungsvertreter Dissidenten eines anderen Landes beinahe dazu
aufruft, in Deutschland Schutz zu suchen, ist neu. Ob dahinter rein
humanitäre Beweggründe stehen oder doch eher diplomatischer Druck
aufgebaut werden soll, ist zunächst zweitrangig. Deutlich wird
jedenfalls, dass auch die Bundesregierung offensichtlich nicht mehr
daran glaubt, dass die Türkei zur westlichen Wertegemeinschaft
gehören will. Doch außer Gesten und Protesten hat Deutschland wenig
Möglichkeiten, Erdogan zu stoppen.
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