WAZ: Aldi-Republik Deutschland – Kommentar von Ulf Meinke

Wer hat sich wohl mehr verändert in diesen 100
Jahren? Aldi oder Deutschland? Schwer zu sagen. Doch es ist etwas
dran, wenn von der Aldi-Republik gesprochen wird. In gewisser Weise
ist Deutschland Aldi, und Aldi ist Deutschland. Diese Läden haben das
Land geprägt. Sparsam und gründlich, kleinlich bis übergenau: Sind
wir nicht alle ein bisschen Aldi? Dass die Firmen-Geschichte im
Ruhrgebiet spielt, klingt logisch. Andere machen große Worte, hier
zählen Taten. Es geht ums Wesentliche. Nicht Manager gehören in den
Mittelpunkt, sondern Kunden. Marken, um das Ego zu befriedigen? Nicht
nötig. Auch der Name ist schnörkellos: Aldi statt „Albrecht
Discount“. Es ist schon verblüffend. Kaum ein Konzern ist ähnlich
verschwiegen wie Aldi, trotzdem kann fast jeder mitreden, als gehe es
um ein Spiel von Schalke oder BVB. Dabei pflegt Aldi eine
Geheimniskrämerei, die in einer Zeit, in der Transparenz fast alle
Lebensbereiche prägt, doch recht unmodern wirkt. Die Menschen wollen
wissen, wie es hinter der Firmen-Fassade aussieht. Sind die Produkte
nicht nur preiswert, sondern auch fair? Und wie steht es um die
Mitarbeiter? Wenn sich eine Republik schneller verändert als das
Unternehmen, bekommt das Unternehmen ein Problem.

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