WAZ: Auf den Leim gegangen. Kommentar von Miguel Sanches

Die SPD ging Thilo Sarrazin auf den Leim. Als die
Führung seinen Ausschluss beantragte, weckte sie eine fatale
Erwartung. Viele nahmen an, die Beweise seien erdrückend, der
Ausschluss nur Formsache. War er nicht. Meinungsfreiheit hat einen
hohen Stellenwert. Die Schiedskommission ist nicht nur pro forma,
sondern auch de facto unabhängig. Parteichef Gabriel, der den
Ausschluss mit heiligem Zorn betrieb, hätte das wissen und sich
zumindest nicht an die Spitze der Bewegung setzen müssen. Der Hinweis
seiner Generalsekretärin, die SPD sei gespalten und sie habe mit der
Schlichtung „das Beste rausgeholt“, spricht Bände. Die SPD konnte nur
verlieren, weil sie zerrissen war. Das Verfahren machte das deutlich.

Im Amerikanischen gibt es einen Spruch: „Any promotion is good
promotion“. Jede Werbung, ob Lob oder Kritik, ist nützlich. Die
Medien und die SPD haben aus einem plumpen Buch ein Ereignis gemacht.
Sarrazin hat es genutzt. Mit dem Buch ist er Millionär geworden. Mit
dem Satz, er habe niemanden diskreditieren wollen, kommt er nun
billig weg. Mit dem Antrag auf Ausschluss legte die SPD selbst die
Leimspur.

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