Bei Anruf Präsident, möchte man ja gerne spotten.
Aber dass sich Recep Tayyip Erdogan nun auch noch in die
Handygespräche seiner türkischen Landsleute einmischt, sozusagen als
staatstragendes Vorprogramm, das ist so lustig nicht. Es untermauert
auf dreiste Weise den Machtanspruch eines Mannes, der sich keine
Grenzen mehr setzen mag: Der Staat bin ich.
Erdogans Auftritte bei Gedenkfeiern zum Jahrestag des
Putschversuchs haben an diesem Wochenende noch einmal demonstriert,
wohin sich die Türkei besonders in diesen letzten zwölf Monaten
entwickelt hat: zu einem Land, das sich von demokratischen Prinzipien
verabschiedet, weil sich sein gewählter Spitzenvertreter durch das
Volk ermächtigt glaubt, diese abzuschaffen. Mit Massenverhaftungen
und seinen skandalösen Beschimpfungen europäischer Nato-Partner hat
Erdogan das Land ins Abseits manövriert.
Die mögliche Einführung der Todesstrafe, von Erdogan abermals
heraufbeschworen, hat die EU als den Dammbruch bezeichnet, der das
zerrüttete Verhältnis zerstören würde. Seine wichtige Rolle in der
Flüchtlingsfrage darf Europa dem türkischen Machthaber nicht ewig als
Faustpfand durchgehen lassen.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de
Original-Content von: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, übermittelt durch news aktuell