WAZ: Berlusconis Niederlage – Kommentar von Gudrun Büscher

Als Silvio Berlusconi gestern beim Treffen mit dem
israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu vor einem Gemälde aus
dem 19. Jahrhundert stand, das den Leier spielenden Gott Apollo mit
neun Musen zeigt, überkam ihn die Selbstironie: „Das ist Bunga Bunga
aus dem Jahr 1811″, sagte er. Der italienische Premier spielte auf
seine ausschweifenden Partys an, bei denen auch minderjährige
Prostituierte mitgemacht haben sollen. Die Gerichtsverfahren laufen.
In Italien mag kaum noch jemand darüber schmunzeln. Die Italiener
sind ihren Regierungschef zunehmend leid. Nach der Schlappe bei den
Kommunalwahlen haben sie Berlusconi nun eine schwere Niederlage
beschert. Er hatte sein komplettes Register gezogen, um sie zu
verhindern – vergebens. Per Volksabstimmung (für die 50 Prozent
Wahlbeteiligung nötig waren) haben die Italiener die Atomkraftpläne
ihres Regierungschefs verhindert. Dazu stoppten sie ein Gesetz, das
es Berlusconi erlauben sollte, Prozessen fernzubleiben, in denen er
selbst angeklagt ist. Es waren Volksabstimmungen mit großer
Ausstrahlungskraft: Sie verheißen den Anfang vom Ende der
Berlusconi-Ära.

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