Natürlich gilt für den ehemaligen Telekom-Chef Ricke
die Unschuldsvermutung. Gleichwohl scheint es, als habe die
Staatsanwaltschaft Bonn nur auf die Aussage des Hauptangeklagten
gewartet, wonach Ricke von Bespitzelungen und der Erfassung von
Verbindungsdaten zur Aufdeckung von Informanten gewusst haben soll.
Eine Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens gegen Ricke ist nach
der Aussage des angeklagten Sicherheitsmanagers möglich. Kein
Unternehmen der Welt findet es toll, wenn Interna an die
Öffentlichkeit gelangen. Die systematische Auswertung von
Telefondaten Dutzender Aufsichtsräte, Gewerkschafter und Journalisten
zur Aufdeckung undichter Stellen im Konzern verstößt aber gegen
Persönlichkeitsrechte, das Fernmeldegeheimnis und Datenschutzgesetz.
Zudem ist die Spitzelaktion ein Schlag gegen das Vertrauen der Kunden
und mithin geschäftsschädigend. Big Brother Telekom – sollten die
Methoden von der Konzernspitze gebilligt worden sein, kann man nur
hoffen, dass es rauskommt. Der Skandal zeigt einmal mehr, wie wichtig
Informantenschutz ist. Auch im Presserecht.
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