Das Straßburger Urteil zur Sicherungsverwahrung
schafft keine neuen Fakten. Es bezieht sich auf das alte Recht. Es
ist aber ein Wink mit dem Zaunpfahl. Es erinnert deutsche Gerichte an
ihre Verantwortung. Aus dem Urteil von 2009 zogen sie arg
unterschiedliche Konsequenzen. Die einen ließen die Täter nach der
Verbüßung ihrer Haftstrafe frei, andere sperrten sich. Das ist
untragbar. Deutschland ist völkerrechtlich an die Urteile gebunden.
Es muss sie mitbedenken, wenn das Grundgesetz ausgelegt wird. Im
Februar wird sich das Bundesverfassungsgericht mit vier
Sicherheitsverwahrten befassen und wohl in diesem Jahr Recht
sprechen. Es ist überfällig. Zum einen hat kein anderes Gericht eine
so hohe Autorität. Zum anderen ist das Chaos perfekt. Zum einen hat
der Gesetzgeber seit 1998 die Sicherungsverwahrung rund zehnmal
geändert. Zum anderen haben Gerichte verschiedener Instanzen ein und
dieselbe Frage unterschiedlich beantwortet: Was muss höher gewichtet
werden, der Schutz der Bevölkerung oder die Rechtssicherheit der
Häftlinge? Das deutsche Recht wurde zu oft verschlimmbessert, seine
Praxis mutet heute willkürlich an.
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