WAZ: Das Ende des Doppelspiels. Leitartikel von Dirk Hautkapp

Als die Flut über Pakistan kam im vergangenen
Sommer, spendeten die Deutschen 200 Millionen Euro für die Opfer.
Hätten sie es auch mit dem Wissen getan, dass in dem zwischen Indien
und Afghanistan eingeklemmten Land staatlich dirigierter Terror als
Mittel der politischen Auseinandersetzung anerkannt ist?

Es verfestigt sich der Eindruck, dass die von einer allmächtigen
Generalität in Schach gehaltenen pseudo-demokratischen Regierungen in
Islamabad dem weltweit einflussreichsten Terror-Vater jahrelang
Unterschlupf geboten haben könnten. Umso dringender gehört Pakistan
auf der Tagesordnung der internationalen Gemeinschaft ganz nach oben.
Wer bin Laden eine Heimstatt bietet, ist unter Umständen noch zu ganz
anderen Schritten fähig.

Und wahrlich, die Ausgangslage ist ungünstig genug: Pakistan hat
die Atombombe. Pakistan ist ein Hort des internationalen Terrorismus.
Pakistan steckt in einer der tiefsten Wirtschaftskrisen. Pakistan
leidet unter einer politischen Klasse, die sich durch Korruption und
den Machthunger rivalisierender Clans auszeichnet. Pakistan arbeitet
sich mit nahezu jeder List und Tücke an dem Schein-Gegner Indien auf
der einen Grenzseite und dem im Dauer-Bürgerkrieg stehenden
Afghanistan auf der anderen Seite ab. Pakistan bewegt sich in
beängstigendem Tempo auf einer abschüssigen Bahn hin zum religiösen
Fundamentalismus. Und Pakistan hat eine schweigende
Bevölkerungsmehrheit, die all das geschehen lässt.

Amerika ist daran nicht unschuldig. Mit den milliardenschweren
Militärhilfen, die Washington Jahr für Jahr überweist, haben
Pakistans Armee und der alles durchdringende Geheimdienst ISI die
Taliban zu dem gemacht, was sie sind: ein Instrument, die Region nach
Belieben zu destabilisieren. Es ist außer Kontrolle geraten.

Bin Ladens Tötung auf pakistanischem Territorium zwingt die USA
dazu, das irrationale Doppelspiel mit Islamabad zu beenden. Es gilt,
mit Hilfe der Staatengemeinschaft die Spirale des Wahnsinns zu
durchbrechen, soll der Terror in diesem Erdteil irgendwann doch noch
wirksam bekämpft werden.

Fazit: Pakistan hängt wie kein anderes Land am Tropf der USA. Kein
anderes Land beißt so oft die Hand, die es ernährt. Mit diesem
Widerspruch muss Schluss sein.

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